Roman zum Weiterschreiben
Forum für Dicke, Mollige und Übergewichtige

Spiel, Spaß und Sinnlosigkeit

Erstellt von einem Mann oder einer Frau
16.10.2016
Es war in den 80ern und es war im Ruhrpott, als ich bemerkte, dass dieses Lebensgefühl und diese Zeit wohl einzigartig waren und es für lange Zeit auch bleiben würden. Ich habe später versucht, dies in einen Roman zu fassen. Selten ist mir Geschriebenes so daneben gegangen.

Daher wäre doch toll, andere, die sich an diese Zeit erinnern, den Text weiterschreiben zu lassen. Daher hier das erste Kapitel von damals, einfach so zum Weiterschreiben. Vielleicht wird ja noch etwas daraus, das ebenso schön und sinnlos wie damals ist, aber veröffentlichungsfähig.

Dann dürfen auch Klarnamen darunter stehen.

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Abschnitt 1


“Armer Kerl, dein Mann” entfuhr es ihm. “Keineswegs, er verdient genug, um sich so unsinnige Dinge wie einen Füllhalter mit einer goldenen Feder kaufen zu können. Das hat er kürzlich tatsächlich getan. Dabei glaube ich nicht, dass er ihn jemals benutzen wird.”

“Meinst du, dass er sich mit goldnen Federn schmückt, aber nichts daraus macht?”

“Er braucht keine goldnen Federn, um nichts daraus zu machen, das kann er auch so.”
“Es genügt doch, wenn du ein offenes Leben führst, du brauchst nicht auch noch schlecht über ihn zu reden.”

“Ich rede nicht schlecht über ihn, wenn ich lediglich erwähne, was er nicht macht.”

“Was macht er denn nicht, ausdrücklich erwähnt hast du es nicht?”

“Er macht einfach keinen Sinn für mich.”

Was sie wirklich suchte, waren Antworten auf Sinnfragen in der sicheren Überzeugung, diese nur über die Sinne bekommen zu können.

Damals war für Falter alles noch ganz am Anfang, was damit zu tun hatte, Menschen mit dem, was sie sagten, wirklich wörtlich zu nehmen. Falter hatte nicht allzu viel Erfahrung damit, obwohl ihm durch seinen Beruf als Redakteur der Umgang mit Worten vertraut war.

Und Karmen, zu der er jetzt fuhr, fand mit derlei ja auch überhaupt keine rechte Resonanz bei ihm, geschweige denn bei ihrem Mann Richard.

“Natürlich willst du mehr erfahren, deshalb hast du ja ein Auto oder fährst Bahn”, mit so etwas musste er bei ihr rechnen.

“Haben solche Wortspielereien denn einen Sinn?”

“Ich weiß es nicht, ob Spielen überhaupt Sinn macht?” war ihre Antwort gewesen, die sie obendrein mit einem Lächeln garnierte.

“Du bringst alles nur durcheinander, Ebenen fangen an sich zu vermischen; ich werde doch nicht dadurch zum Überflieger, dass ich zum Beispiel mit dem Flugzeug reise, so etwas ist doch Unsinn.”

“Natürlich überfliegst du manche Dinge oft nur ohne dich näher damit zu befassen; das ist also vollkommen richtig, was du da gerade gesagt hast. Ich verstehe das gut. Mit viel Aufwand und großer Energie über etwas hinwegzugehen, anstatt sich damit zu beschäftigen, das ist nun wirklich Energieverschwendung. Da solltest du besser nachdenken, ob du deine Energie nicht dafür aufwenden solltest, dich mit etwas anderem eingehender zu beschäftigen, das du nicht nur überfliegen möchtest.”

“Danke für den netten Satz und die Einladung!”

“Bitte und welche Einladung? Es ist halt problematisch, dass du dich oft selbst nicht verstehst mit dem, was du sagst und ich dich interpretieren muss. Aber es ist dein Problem. Mich verstehst du aber offensichtlich auch nicht immer und dann muss ich dich halt korrigieren, das ist dann mein Problem.”

Es war irgendwie unterhaltsam, aber auch abstrus. Hatte so etwas etwas zu bedeuten? Es war doch vollkommen willkürlich, jede Sprache hat so ihre Mehrdeutigkeit und Wortverwandtschaften.

“Wenn es dir langweilig wird”, hatte Karmen erwidert, “dann spiele doch einfach ein anderes Spiel solange dir nur das Spielen Spaß macht. Doch solltest du dabei häufiger zwischen Bauklötzchen und Sandförmchen wechseln. Das ist nicht mehrdeutig, das sind einfach nur andere Gestaltungsmöglichkeiten. Merk dir das bitte.”

“Kann es sein, dass ich sie dafür mag”, fragte Falter sich. Sie scheint alle ernsten Dinge in ein Spiel verwandeln zu wollen, dessen Regeln sich erst durch das Spiel selbst erschließen sollen. Das mit den Bauklötzchen und den Sandförmchen hatte natürlich provoziert, soviel verstand Falter schon von dem Spiel mit Worten und er empfand es als eine harte und ungerechte Strafe für seine Aufrichtigkeit Karmen gegenüber. Fragen mochte er sie nicht, welches Spiel sie bevorzuge. Das war es bestimmt nicht, was sie erreichen wollte. Aber was es war, wusste er auch nicht.

Sabine schien zwar auch irgendwie zu spielen, glaubte aber wohl eher, die Regeln lägen in ihr selbst verborgen und warteten nur darauf, beim Spielen von ihr entdeckt zu werden. Und das machte sie in gewisser Weise sehr anziehend.

Darin unterschieden sich die beiden Frauen deutlich, das war aber auch schon alles, worüber Falter sich bei ihnen wirklich im Klaren war.

Um Karmen keine Probleme zu bereiten, musste er sie noch kurz anrufen, bevor er in die Hauseinfahrt bog, und das verzögerte sich jetzt durch Sabines Anruf. Sabine hatte wirklich ein Gespür für ungünstige Zeitpunkte. Er hatte Karmen versprochen, den Anruf niemals zu vergessen, denn schließlich führte sie ja ein genauso unbescholtenes und bürgerliches Leben wie er selbst auch. Und so sollte es auch bleiben, schließlich wussten sie ja nicht einmal wirklich, ob es das überhaupt gab, wonach sie suchten. Und falls sie tatsächlich etwas suchten. Also musste auch niemand von ihrer Suche etwas wissen.

Falter erinnerte sich, wie er sie kennen gelernt hatte. Es war um Reiki gegangen und er hatte damals ungläubig die Einladung von Karmen erhalten, sich selbst davon zu überzeugen. Sie hatte ihm später beide Hände auf die Stirn gelegt und gefragt, ob er etwas spüre. Er hatte daraufhin einen Satz gesagt, in dem er Worte wie Wärme, Kraft, Strömung in einer höflichen Weise miteinander verband und zur Antwort bekommen: “Das ist Reiki, es ist eine Kraft, die durch mich zu ihnen herüberströmt.”

Falter hatte damals nicht anders gekonnt, als zu bekennen, dass es wohl eher ihre Berührung und ihre Nähe waren, die seine Empfindungen bewirkten. Er hatte das so ausgedrückt: “Sie müssen doch wissen, was für eine Ausstrahlung sie haben, nennen sie es also bitte nicht Reiki. Mag ja sein, dass es so etwas gibt, aber was hier passiert, das ist doch etwas ganz anderes. Sie sollten sich dazu bekennen!”

Er rechnete damit, hinausgeworfen zu werden, aber Karmen redete plötzlich davon, dass ihre ansonsten so verlässlichen Kräfte bei ihm wohl versagt hätten. Falter richtete sich auf, sie saßen sich jetzt gegenüber. Er ergriff ihre Hände und küsste sie leicht auf die Nasenspitze, um so zurückzuspiegeln, dass er sich an der seinigen herumgeführt fühlte.

“Es ist ein Geben und ein Nehmen oder es ist Asche!”

Mit diesen Worten wendete er zur Tür. Karmen hielt ihn unerwartet auf, um seinen Kuss zu erwidern. Sie empfanden es unausgesprochen als einen Pakt, die Angelegenheit mit dem Reiki auf sich beruhen zu lassen.

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