Euere lustigsten und fröhlichsten Gedichte...
Forum für Dicke, Mollige und Übergewichtige

Smalltalk

LANGE NACHT

Des Königs von England Majestät
Georg der Vierte mit trister
und wütender Miene schickt abends spät
nach seinem Finanzminister.
Der weiß: es gilt diese Miene
der Königin Karoline.

"Man sagt", dröhnt Georg, "sie hat eine Nacht
in einem Hotel zu Mailand
mit einem Italiener verbracht.
Und das noch – gütiger Heiland,
hilf mir, dass ich es fasse! –
auf Kosten meiner Kasse!"

Der Minister schleicht erst um den heißen Brei,
dann sagt er: "Yes, I remember.
Ich habe sogar die Rechnung dabei.
Es war die Nacht vom zwanzigsten Mai
Auf den dritten September."

(Herrmann Mostar)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
07.07.2014
DER KUSS
Der Menschheit größter Hochgenuss
ist ohne Zweifel wohl der Kuss.
Er ist beliebt, er macht vergnügt,
ob man ihn gibt, ob man ihn kriegt.
Er kostet nichts, ist unverbindlich
und vollzieht sich immer mündlich.
Hat man die Absicht, dass man küsst,
so muss man erst mit Macht und List
den Abstand zu verringern trachten
und dann mit Blicken zärtlich schmachten.
Die Blicke werden tief und tiefer,
es nähern sich die Unterkiefer.
Man pflegt dann mit geschlossenen Augen
sich aneinander festzusaugen.
Jedoch nicht nur der Mund allein
braucht eines Kusses Ziel zu sein.
Man küsst die Wange und die Hände
und auch noch and're Gegenstände,
die ringsherum mit Vorbedacht
sämtlich am Körper angebracht.
Auch wie man küsst, das ist verschieden,
im Norden, Osten, Westen, Süden.
So mit Bedacht und mit Gefühl,
der eine heiß, der and're kühl.
Der eine haucht, der and're schmatzt,
als ob ein alter Reifen platzt.
Hingegen wiederum der Keusche
vermeidet jegliche Geräusche.
Der eine kurz, der and're länger,
den längsten nennt man Dauerbrenner.
Kurzum ein Kuss ist, wenn zwei Lippenlappen
in der Liebe aufeinanderklappen.
-unbekannt-
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
15.06.2014
Sie stritten sich beim Wein herum,
Was das nun wieder wäre;
Das mit dem Darwin
wär' gar zu dumm
Und wider die menschliche Ehre.

Sie tranken manchen Humpen aus,
Sie stolperten aus den Türen,
Sie grunzten vernehmlich
und kamen zu Haus
Gekrochen auf allen vieren.

Wilhelm Busch (1832 - 1908)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
06.06.2014
DER SCHÖPFERISCHE IRRTUM

Irrtümer haben ihren Wert,
jedoch nur hie und das,
nicht jeder der nach Indien fährt,
entdeckt Amerika.

*) Erich Kästner (1899-1974)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
06.06.2014
Herz gesucht, auch leicht getragen,
und nicht kreislaufstörungsfrei,
aber fähig gut zu schlagen
und vor allem herzlich treu.

Das im dünnen wie im dicken
stehts Gefährte bleibt und Freund
und aus völlig freien Stücken
ehrlich ist - und nicht nur scheint.

Das nicht lügt und nicht gemein ist,
und nie anderen sich verschreibt,
das, wenn man in der Not allein ist,
trotzdem da ist, und auch bleibt.

Herz gesucht! - und schon gefunden,
klug, bescheiden und gesund,
treu sogar mit Überstunden :
Denn ich habe Dich mein Hund ❤
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
03.06.2014
Und nun ein kleiner Ausflug nach England, da ist das kleine fröhliche Gedicht namens Limerick noch weit verbreitet. Viel Spaß mit den vieren:

There was a young fellow from Fife
Who had a big row with his wife
He lost half his nose
Two thirds of his toes
One ear, seven teeth – and his life


There was a young lady from Riga
Who smiled as she rode on a tiger
They returned from the ride
With the lady inside
And the smile on the face of the tiger


There was a young monk from Siberia
Whose morals were very inferior
He did to a nun
What he shouldn’t have done
And now she’s a Mother Superior


There was a young lady called Wight
Who would travel faster than light
She started one day
In the relative way
And returned on the previous night

(Traditional, kein Autor)
ZWEI KIRCHEN

Sie hat sich einen Mann genommen.
Reich – aber alt.
Sie hat ein schönes Heim bekommen.
Schön – aber kalt.

Sie zeigte alten Freunden gern,
wie schön es war.
Und zeigte auch besagten Herrn ihr Boudoir.

Ein Witzbold wies aufs Bett: "Voilà –
l'Église de Notre Dame, n'est-ce-pas?"

Sie aber, trist und fast timide:
"Oh non – le Dôme des Invalides!"

(Herrmann Mostar)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
28.05.2014
Salatgedicht

Der Winter ist zum Glück vorbei,
Zu Ende ist die Jammerei
Über kalte Luft aus Osten,
Und die hohen Heizungskosten.

Die Witwe Kraus im Garten geht,
Von Zeit zu Zeit auch wartend steht,
Um erste Knospen zu entdecken,
Die noch tief im Boden stecken.

Wenn dann die Temp‘raturen steigen,
Die Sprossen erste Spuren zeigen,
Die Triebe auch im Weibe reifen,
Die sie im Winter musst verkneifen.

Den Samen, den der Herr geschenkt,
Sie eiligst in die Erde senkt,
Damit Radieschen und Salat
Im Sommer und im Herbst parat.

Schon bald sieht sie mit Wohlbehagen
Die Keime aus dem Boden ragen.
Und damit sie kräftig sprießen,
Muss man sie geschäftig gießen.

Doch dann vor Schrecken sie erstarrt,
Sie sieht die Schnecken schon erwacht,
Die gierig mit den Fühlern riechen
Und zu den kleinen Pflänzlein kriechen,

Denn jung und zart sie schmecken lecker
Jedem dieser Schneckenschmecker,
Die zum Danke nach dem Prassen
Ihre Schleimspur hinterlassen.

Doch Frau Kraus greift jetzt zur Schere,
Schneidet Schnecken kreuz und quere,
Oder manchmal auch zum Messer
Um zu vernichten diese Fresser.

Sollen doch in Glied und Reihen
Ihre Pflänzlein gut gedeihen.
Und sie bringt zu diesem Zwecke
Jede Schnecke um die Ecke.

Indes des Nachts, jawohl, das weiß ich,
Die Schleimer werden richtig fleißig,
Und hervor aus allen Ecken
Kriechen ungezählte Schnecken.

Während dem ganz ohne Kummer
Witwe Kraus in sanftem Schlummer
Träumt von Kohl und Blattspinat,
Und nicht vom Schneckensyndikat.

Vielleicht auch schmiegt sie momentan
Sich an den netten Bettkumpan
Bei Kerzenschein und Dämmerlicht.
Nein, nein, das weiß ich wirklich nicht.

Jedoch ich ahne schon, au, Backe!
Eine Schnecken-Großattacke.
Gierig die Tentakeln wackeln.
Lange werden sie nicht fackeln.

Ahnungslos die Kraus Anette
Liegt in ihrem warmen Bette,
Und hat grad mit ihrem Freier
Ein schönes Liebesabenteuer.
(Bei Kerzenschein und Dämmerlicht?
Nein, nein, das weiß ich wirklich nicht.)

Die Schnecken kommen angekrochen.
Sie haben es schon lang gerochen.
Und fangen an, ganz unbescheiden,
Das Salatbeet abzuweiden.

Frau Kraus genießt jetzt hoch erfreut
Des Freiers ganze Zärtlichkeit,
Denn sie hat zur rechten Zeit
Das gute Schneckenkorn gestreut.

Am nächsten Morgen um halb acht
Die Witwe Kraus ist aufgewacht.
Der Freier, ja man glaubt es kaum,
War lediglich ein schöner Traum.

Ohne lange abzuwarten,
Betritt sie ahnungsvoll den Garten,
Wo dann sofort ihr Atem stockt,
Was sie erblickt, sie ist geschockt.

Ein Schlachtfeld hat man hinterlassen,
Man sieht Anette stark erblassen.
Die Schnecken ham das Korn genossen
Und dann danach die zarten Sprossen.

Und die Moral von dem Gedicht?
Oftmals hält die Werbung nicht,
Was sie dem Kunden so verspricht :-))

von valdipa @ 2010-11-21
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
28.05.2014
Lustmord

Sie stänkerte. Dennoch habe ich sie -
Weil sie käuflich war - gekauft.
Und habe, vielleicht aus Ironie,
Sie „Mucker“ getauft.

Ich riß ihr gierig mit rauher Hand
Die einzelnen Kleider herunter,
Zunächst ein leichtes Flittergewand,
Dann anderen, gröberen Plunder.

Und Rock und Röckchen nach Röckchen fiel
Herab. Ich riß und zerfetzte
Mit Wollust. Ich wollte - das war mein Ziel -
Das Nackte, das Wahre, das Letzte.

Doch immer, wenn ich das rosige Glück
Der Nacktheit zu schauen vermeinte,
Kam wieder noch irgend ein Kleidungsstück.
Ich wütete weiter, ich weinte.

Doch als ich sie völlig enthemdet
Hatte, blieb nichts, restlos nichts.
Und in dieses Nichts bohrt befremdet
Der Stachel meines Gedichts.

Jedoch erübrigt sich jede
Kritik, jeder Kommentar,
Weil die, von der ich hier rede,
Eine Zwiebel war.

Joachim Ringelnatz (1883 - 1934)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
24.05.2014
Der Besserwisser

Man vertritt einen Standpunkt,
er ist immer dagegen,
er behauptet stets,
er kann es belegen,
denn er ist mehr belesen
als ein anderer es je gewesen.
Zeigt man ihm,
was einem wurde verehrt,
seiner Meinung nach ist es nichts wert.
In Politikkenntnis ist er ganz groß,
wenn alles stimmt auf seinem Konto blos.
Was er nicht weiß, muss man nicht wissen,
das ist alles unwichtig, ja beschissen.
Will man ihm was zeigen oder erklären,
will er einen sofort belehren:
„Wenn ein Kopf und ein Buch
zusammenknallen, jawohl!
Dann ist’s nicht immer das Buch,
das da klingt so hohl“,
so sagt er höhnisch grinsend ungeniert.
Über Feingefühl und Bescheidenheit
er niemals diskutiert.

(Fred Schmidt)


Die Besserwisser

Schneide dir doch mal die Haare, meinte sie
Also ging ich zum Friseur
Statt Stiefeln solltest du lieber moderne Halbschuhe tragen
Sagte sie
Ich kaufte mir welche
Weisse Haut ist ziemlich unerotisch
Ich ging zur Sonnenbank
Männliche Körperbehaarung finde ich abstoßend
Ich rasierte mich komplett

Als ich perfekt war
Wurde es Zeit für mich zu gehen

(Walter Auszra)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
24.05.2014
Passend zur anstehenden WM...

Fußball (nebst Abart und Ausartung)

Der Fußballwahn ist eine Krank-
Heit, aber selten, Gott sei Dank.
Ich kenne wen, der litt akut
An Fußballwahn und Fußballwut.
Sowie er einen Gegenstand
In Kugelform und ähnlich fand,
So trat er zu und stieß mit Kraft
Ihn in die bunte Nachbarschaft.
Ob es ein Schwalbennest, ein Tiegel,
Ein Käse, Globus oder Igel,
Ein Krug, ein Schmuckwerk am Altar,
Ein Kegelball, ein Kissen war,
Und wem der Gegenstand gehörte,
Das war etwas, was ihn nicht störte.
Bald trieb er eine Schweineblase,
Bald steife Hüte durch die Straße.
Dann wieder mit geübtem Schwung
Stieß er den Fuß in Pferdedung.
Mit Schwamm und Seife trieb er Sport.
Die Lampenkuppel brach sofort.
Das Nachtgeschirr flog zielbewußt
Der Tante Berta an die Brust.
Kein Abwehrmittel wollte nützen,
Nicht Stacheldraht in Stiefelspitzen,
Noch Puffer außen angebracht.
Er siegte immer, 0 zu 8.
Und übte weiter frisch, fromm, frei
Mit Totenkopf und Straußenei.
Erschreckt durch seine wilden Stöße,
Gab man ihm nie Kartoffelklöße.
Selbst vor dem Podex und den Brüsten
Der Frau ergriff ihn ein Gelüsten,
Was er jedoch als Mann von Stand
Aus Höflichkeit meist überwand.
Dagegen gab ein Schwartenmagen
Dem Fleischer Anlaß zum Verklagen.
Was beim Gemüsemarkt geschah,
Kommt einer Schlacht bei Leipzig nah.
Da schwirrten Äpfel, Apfelsinen
Durch Publikum wie wilde Bienen.
Da sah man Blutorangen, Zwetschen
An blassen Wangen sich zerquetschen.
Das Eigelb überzog die Leiber,
Ein Fischkorb platzte zwischen Weiber.
Kartoffeln spritzten und Zitronen.
Man duckte sich vor den Melonen.
Dem Krautkopf folgten Kürbisschüsse.
Dann donnerten die Kokosnüsse.
Genug! Als alles dies getan,
Griff unser Held zum Größenwahn.
Schon schäkernd mit der U-Bootsmine
Besann er sich auf die Lawine.
Doch als pompöser Fußballstößer
Fand er die Erde noch viel größer.
Er rang mit mancherlei Problemen.
Zunächst: Wie soll man Anlauf nehmen?
Dann schiffte er von dem Balkon
Sich ein in einem Luftballon.
Und blieb von da an in der Luft.
Verschollen. Hat sich selbst verpufft. –
Ich warne euch, ihr Brüder Jahns,
Vor dem Gebrauch des Fußballwahns!

Joachim Ringelnatz (1883 -1934)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
21.05.2014
Wenn die Möpse Schnäpse trinken

Wenn die Möpse Schnäpse trinken
Wenn vorm Spiegel Igel stehn,
wenn vor Föhren Bären winken,
Wenn die Ochsen boxen gehen,

Wenn im Schlafe Schafe blöken,
Wenn im Tal ein Wal erscheint,
wenn in Wecken Schnecken stecken
Wenn die Meise leise weint

Dann entsteht zwar ein Gedicht,
aber sinnvoll ist es nicht.

James Krüss (1926 - 1997)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
20.05.2014
Das musste ich in der 4. Klasse auswendig lernen und kann es heute noch. :o)

Fink und Frosch

Im Apfelbaume pfeift der Fink
Sein: pinkepink!
Ein Laubfrosch klettert mühsam nach
Bis auf des Baumes Blätterdach
Und bläht sich auf und quackt: »Ja, ja!
Herr Nachbar, ick bin och noch da!«

Und wie der Vogel frisch und süß
Sein Frühlingslied erklingen ließ,
Gleich muß der Frosch in rauhen Tönen
Den Schusterbaß dazwischen dröhnen.

»Juchheija, heija!« spricht der Fink.
»Fort flieg ich flink!«
Und schwingt sich in die Lüfte hoch.

»Wat!« ruft der Frosch, »dat kann ick och!«
Macht einen ungeschickten Satz,
Fällt auf den harten Gartenplatz,
Ist platt, wie man die Kuchen backt,
Und hat für ewig ausgequackt.

Wenn einer, der mit Mühe kaum
Geklettert ist auf einen Baum,
Schon meint, daß er ein Vogel wär,
So irrt sich der.

Wilhelm Busch (1832 - 1908)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
17.05.2014
Die Aufstellung des 1. FC Nürnberg vom 27. 1. 1968

Wabra
Leupold Popp
Ludwig Müller Wenauer Blankenburg
Starek Strehl Brungs Heinz Müller Volkert
Spielbeginn: 15 Uhr

Peter Handke (*1942)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
17.05.2014
Parabel

Jüngst traf ich einen alten Mann
Und hub ihm vorzusingen an,
Doch an den Mienen des Gesichts
Bemerkt’ ich bald, er höre Nichts.
Da dachte ich: der Greis ist taub,
Drum wird dein Lied des Windes Raub,
So tu ihm denn, nicht durch den Mund,
Durch Zeichen Dies und Jenes kund.
Ich tat's, doch ward mir leider klar,
Dass er auch schon erblindet war,
Denn, wie der Frosch aus seinem Sumpf,
Hervor glotzt, sah er dumpf und stumpf,
Und ungestört in seiner Ruh’,
Der Sprache meiner Finger zu.
Ich rief: mit dem steht’s schlimm genug,
Doch mögt’ ich ihm den letzten Zug
Noch gönnen aus dem Lebensquell!
Da reicht’ ich ihm die Rose schnell,
Die ich für meine Braut gepflückt,
Allein auch das ist schlecht geglückt,
Ihm schien der Duft nicht mehr zu sein,
Wie einem Gartengott von Stein.
Nunmehr verlor ich die Geduld,
Ich dacht’ an meines Mädchens Huld,
Die mir so schmählich jetzt entging,
Da sie die Rose nicht empfing,
Und jagte ihm im ersten Zorn
Ins dicke Fell den scharfen Dorn;
Doch bracht’ auch dies ihm wenig Not,
Er zuckte nicht, er – war wohl tot!

Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
16.05.2014
Noch ein Dada-Gedicht, diesmal von Kurt Schwitters. Von Beruf Dichter, Maler und Werbegrafiker entwarf er das dadaistische Weltbild "MERZ" und war zentrale Figur des Hannover-Dada, nachdem ihn die Berliner Dadaisten nicht aufgenommen hatten.

Cigarren [elementar]

Cigarren
Ci
garr
ren
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CI
garr
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Cigarren (Der letzte Vers wird gesungen.)

Kurt Schwitters (1887-1948)
DIE KLAGE DES SITZPINKLERS


Sei's der Soldat am Wolga-Strand
Zur Wache für sein Vaterland,
Oder das Männlein, still und stumm
Im Walde mit dem Mäntlein um,
Sogar auch Goethe's armer Tor,
Der nun so klug war wie zuvor -
Wo echte Männer noch vorhanden
Da wurde jederzeit gestanden !

Zur warmen Sommerzeit da ließen
Sich Bienen von den Blüten schießen,
Im Winter waren in dem Schnee
Vor allem Künstler auf Tournee,
Verziert, verschnörkelt oder nur
Als Dreimal-Strich-Karikatur.
Noch heute geht's zur späten Stunde
Allein oder in froher Runde,
Ganz schnuppe wo, ob Baum ob Hecke
Denn Bier braucht nicht mal eine Ecke.

Und seit jeher galt auf dem Klo
Das Gleiche wie in publico.
Hier kulminiert das Stehvermögen
Zwar nicht in kreiselnd-hohen Bögen,
Hier legt man an und zielt nach vorn,
Peilt über Kimme über Korn,
Hier glänzt des Scharfschützen Brillanz
Mit Präzision aus der Distanz.

All dies im Manne, hochverehrt,
Wird jetzt dem Mann jedoch verwehrt,
Denn echte Machos, raue Rocker,
Die rutschen ab als Brillenhocker.
Nein, nein, sie thronen nicht einmal,
Sondern sie kauern ganz banal
Und so wird still und leise dann
Die Gloria der Spezies Mann,
Mit Bein und Knien angewinkelt,
Nur einfach so dahin verpinkelt ...



© Jenno Casali
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
15.05.2014
'So, so!'

Vier Maurer saßen einst auf einem Dach.
Da sprach der erste: "Ach!"
Der zweite: "Wie ists möglich dann?"
Der dritte: "Daß das Dach halten kann!!!"
Der vierte: "Ist doch kein Träger dran!!!!!!"
Und mit einem Krach
Brach das Dach.

Kurt Schwitters (1887 - 1948)
Dann leite ich mal über zu Ernst Jandl und Konkreter Poesie. Immer noch schön!


ottos mops trotzt
otto: fort mops fort
ottos mops hopst fort
otto: soso

otto holt koks
otto holt obst
otto horcht
otto: mops mops
otto hofft

ottos mops klopft
otto: komm mops komm
ottos mops kommt
ottos mops kotzt
otto: ogottogott
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
15.05.2014
Dann machen wir mal einen Ausflug in den Dadaismus. Hier eines der ersten dadaistischen Gedichte:

Gadji beri bimba

gadji beri bimba glandridi laula lonni cadori
gadjama gramma berida bimbala glandri galassassa laulitalomini
gadji beri bin blassa glassala laula lonni cadorsu sassala bim
gadjama tuffm i zimzalla binban gligla wowolimai bin beri ban
o katalominai rhinozerossola hopsamen laulitalomini hoooo
gadjama rhinozerossola hopsamen
bluku terullala blaulala loooo

zimzim urullala zimzim urullala zimzim zanzibar zimzalla zam
elifantolim brussala bulomen brussala bulomen tromtata
velo da bang band affalo purzamai affalo purzamai lengado tor
gadjama bimbalo glandridi glassala zingtata pimpalo ögrögöööö
viola laxato viola zimbrabim viola uli paluji malooo

tuffm im zimbrabim negramai bumbalo negramai bumbalo tuffm i zim
gadjama bimbala oo beri gadjama gaga di gadjama affalo pinx
gaga di bumbalo bumbalo gadjamen
gaga di bling blong
gaga blung

Hugo Ball (1886 - 1927)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
14.05.2014
Das habe ich von meiner Tochter bekommen (10j)
Mama ist ein Zauberwesen,
denn sie kann Gedanken lesen.
Keiner kennt mich so wie sie
dass ist die reinste Mamagie!!!!
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
14.05.2014
Die Entwicklung der Menschheit

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur dreißigsten Etage.

Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn,
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telefon.
Und es herrscht noch genau derselbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
und bleiben zwei Wochen oben.

Was ihre Verdauung übrigläßt,
das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
daß Cäsar Plattfüße hatte.

So haben sie mit dem Kopf und dem Mund
Den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.

Erich Kästner (1899 - 1974)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
14.05.2014
Wahre Liebe

Wenn ich so müd nach Hause komm,
zerredet und zerschrieben:
dann sitzt du da, so lieb und fromm.
Man muß, man muß dich lieben!

Die Nacht gleich einem Feste ist.
Ich weiß, dass du die Beste bist.
Und warum ist das? Nämlich
Du bist so himmlisch dämlich.

Du hast es gut. Du ahnst es nicht,
was Stalin jüngst gesprochen;
weißt nichts vom Leipziger Reichsgericht
und nichts von Kunstepochen.

Du hältst einen Puff für ein Hotel
und Bronnen für einen lauteren Quell ...
Ich liebe dich. Weil ... nämlich ...
Du bist so himmlisch dämlich!

Mein blondes Glück! Von Zeit zu Zeit
tu ich ein bißchen fremd gehn.
Die andern Frauen sind so gescheit
und lassen das noch im Hemd sehn.

Dann kehr ich reuig zu dir zurück
und genieße tief atmend das reine Glück ...
Dumm liebt zweimal. Nämlich:
Du bist so himmlisch dämlich –!

Kurt Tucholsky (1890 - 1935)