Häusliche Gewalt
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Rundum Leben

Mein vor zwei Jahren verstorbener Lebensgefährte wurde als Kind mißhandelt und mißbraucht, sowohl körperlich als auch seelisch als auch sexuell. Sein Vater war ein Sadist, wie er im Buche steht.

Seinem Sohn körperliche Qualen zu bereiten, reichte ihm nicht auch. So hat er beispielsweise vor fast jedem Geburtstag und jedem Weihnachtsfest eine Kleinigkeit zum Anlass genommen, meinem Freund die Geschenke zu zeigen, die eigentlich für ihn bestimmt waren und sie dann in der Nachbarschaft zu verschenken.

Seine Mutter hat das oft noch gefördert, nur um dann nach erfolgter Prügelstrafe trösten zu können.

Die Theorie, dass solche Kinder später selber Täter werden oder immer Opfer bleiben, kann ich bei meinem Freund bestätigen. Er hat viele Jahre lang einen Lebenswandel geführt, den man nur selbstzerstörerisch nennen kann, hat sich mit HIV und Hepatitis infiziert, mit 30 einen Herzinfarkt erlitten, Drogen genommen und eine Beziehung mit einem weitaus älteren Mann geführt, der ihn ähnlich mies behandelt hat wie sein Vater. Nicht auf körperlicher Ebene, aber auf emotionaler.

Mit seinen Eltern hat er dann irgendwann gebrochen, auch aus der Beziehung zu dem älteren Mann hat er sich irgendwann "befreien" können.

Im Alter von 42 wurde bei ihm Lungenkrebs entdeckt, einige Monate später erlitt er einen Schlaganfall, was er zum Anlass nahm, wieder Kontakt zu seiner Familie (ausser seinem Vater) aufzunehmen. Seinen 43. Geburtstag hat er nicht mehr erlebt.

In der ersten Zeit nach seinem Tod habe ich noch versucht, den Kontakt zu seiner Familie aufrecht zu erhalten, aber ich konnte seiner Mutter einfach nicht verzeihen, dass sie sich in seiner Kindheit so verhalten hat. Zu oft hat er mir, wenn er in der kochend heißen Badewanne saß und ich ihm Gesellschaft leistete, unter Tränen einzelne Begebenheiten geschildert, die in mir eine Kombination aus unendlichem Mitgefühl und unfassbarer Wut ausgelöst haben. Er konnte seiner Mutter verzeihen, ich konnte es nicht.

Ich bin sehr dankbar, dass ich selbst innerhalb der Familie eine gewaltfreie Kindheit erleben durfte und weiß mittlerweile, dass das mitnichten der Normalfall ist.

Ich für mich weiß ganz sicher, dass mich ein Mann nur ein einziges Mal schlagen würde. Es gäbe keine zweite Chance, sondern eine Anzeige und umgehendes Beziehungsende.

Und ich kann Amazings Einstellung völlig nachvollziehen.
Amazing, wenn du es so erklärst, kann ich mich deiner Meinung sogar anschließen - dann würde ich auch so handeln.

Ich war mit einem Mann verheiratet, der seine Wut und seine Aggressionen erst nur an Gegenständen ausgelassen hat. Als er mich dann das erste Mal schlug, habe ich ihn rausgeworfen. Zum Glück. Seine zweite Frau war nicht so klug und ist bis jetzt mehrmals im Krankenhaus gelandet :(
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Nein, das denke ich eher nicht. Man denkt beim ersten Mal, das kriege ich schon hin, man ist ja voller Willen, dass es nicht mehr passiert. Man denkt wirklich "mit Liebe wird alles Gut", sucht Ausreden etc. Und wenn man dann merkt, dass alles vergebens ist, dann ist man "gescheitert". Und genau das ist es, man will es sich selber nicht eingestehen, weil man eben in dem Kreis so gefangen ist. Das ist das typische Verhalten von Co-Abhängigen, die es nicht nur bei Drogen sondern eben auch bei Gewalt gibt.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Oft ist es auch so, dass sich die gewalttätigen Männer genau den Typ Frau wieder raussuchen. Und glaub mir, man wird immer wieder von diesen Typen "gefunden".Als Frau kommt man meisst nur mit Hilfe aus dem Teufelskreis raus. Ich habe es jedenfalls geschafft mit kompetenter Hilfe.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
angel 31, aber es gibt diese Unterstützung heute. Damals hätte meine Mutter was dafür gegeben, in ein Frauenhaus zu können oder eine Hotline zu haben.

Vielleicht trauen sich die Frauen wie du einfach nicht, den Mann böse zu machen, weil sie immer zum lieb sein erzogen worden sind?
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Man hat eine Antenne, diesen Männern als Frau aus dem Weg zu gehen, würde ich mal behaupten. Ich habe mich nie mit Männern als Partner befasst, von denen ich den Eindruck gehabt habe, sie sind selbst labil oder bauen ihr Selbstbewusstsein dadurch auf, andere klein zu machen.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
@venusherz ich war in der selben Situation wie deine Mutter. Habe aber den Absprung nach 4 Jahren geschafft. Auch in einer Nacht- und Nebelaktion mit Verstecken und Frauenhaus.
Die Frage, warum Frauen immer wieder zu den Männern zurückgehen oder sogar in der Situation bleiben ergibt sich aus der Gewalt. Denn die ist nicht nur physisch sondern auch psychisch. Mann resigniert einfach, hat Angst vor weiterer Gewalt, das Selbstbewusstsein ist im Keller. Du bist nur damit beschäftigt deine Kinder und dich zu schützen, alles fernhalten was Unfrieden bringt oder reizt. Da ist die Kraft meist nicht mehr da fum fortzulaufen. Das passiert meist nur, wenn man verlässliche Unterstützung von Aussen hat.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Ich hatte es in meiner Kindheit auch nicht besser. Mein Vater war Alkoholiker und wurde dann agressiv, er schlug dann meinen Bruder und mich wenn ihm mal wieder etwas nicht paste. Einmal kam mein Bruder 5 min zu spät nach Hause da nahm mein Vater einen dicken Hammer und zerschlug sein neues Fahrad. Meine Mutter wurde auch nicht verschont, oft muste ich das mit anhören, wenn er sie schlug und randalierte. Als ich 8 Jahre war, war ein Abend besonders schlimm, meine Mutter schrie am Fenster um Hilfe und keine Sau von den lieben Nachbarn hat sich gekümmert. Am nächsten Tag hatte sie ein blaues Auge.....als ich 12 war hatte meine Mutter ändlich die Nase voll und sie zog mit uns aus.....aber dann ging der Telefonterror los, immer wenn das Telefon klingelte bekam ich Angst, und das klingel vom Telefon ( Von den alten Geräten) verfolgte mich noch Jahrelang, bekam immer ein schlechtes Gefühl, heute nicht mehr weil sich die Klingeltöne geändert haben. Ich kann sagen das mein Bruder und ich kein oder fast nie Alkohol trinken und auch nicht gewaltätig werden und wenn mein Partner das machen würde könnte er sofort seine Koffer packen. Ich hoffe ich habe nicht zu viele Schreibfehler gemacht :-)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
@bunte_seele, ich drücke mich besser mal ein bissel genauer aus:

Mit schlagen meine ich prügeln, bis ich am Boden liege. Wenn ein Mann mich je so schlagen würde, dann hätte er ein Messer im Rücken... wenn ich denn noch dazu in der Lage wäre... ^^

Wenn ich eine Ohrfeige von einem Mann bekäme, dann könnte er seine Koffer packen und die Beziehung wäre beendet.

Ich habe zu oft meine Mutter auf dem Boden liegen sehen... aus Nase und Mund blutend... wimmernd vor Angst... schreiend vor Schmerzen... voller Panik das er sie umbringt!

Ich habe zu oft die Schläge meines Vaters erleben müßen... die Faust mitten ins Gesicht... aufgeplatzte Lippen... vor Angst in die Hose gepinkelt... Demütigung auf ganzer Linie!

Nein... niemals wieder, dürfte ein Mann mich so prügeln... das würde er nicht überleben!

Für Dich mag das nach "Gewaltbereit" klingen, für mich wäre es Notwehr.

Und nein, ich habe kein Problem damit, mich hier zu outen... ist nicht mein erster Beitrag zu diesem Thema.

Das was ich hier schreibe, kann ich auch vor mir selber verantworten... ^^


Edit... Fehlerteufel.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
@bunte_seele, Du hast Recht, es gibt Menschen die solche Erlebnisse hatten, dies auch im späteren Leben, bzw. in ihrer Partnerschaft erfahren... ich für mich kann von Glück sagen, daß ich nicht in solch' einer schrecklichen Beziehung gelandet bin, bzw. ich würde solch eine Beziehung gar nicht erst eingehen. :-)

Niemals im Leben, dürfte ein Mann mich schlagen... das würde er nicht überleben.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Ich halte das für ein Gerücht, dass Kinder, die häusliche Gewalt erlebt haben, zu Tätern oder lebenslangen Opfern in eigenen Beziehungen werden.

Ich habe viele "Kinder" kennengelernt, die aus den Verhältnissen ihrer Eltern eher mitgenommen haben: "Ich bin nicht wie die und ich will auch nie so werden!"

Gut, es ist nur mein Erfahrungswert. In meiner Familie ist niemand sonst gewalttätig. Ein riesen Glück, wie ich finde.
Gewalt, egal ob physisch oder psychisch, braucht immer mindestens zwei Menschen. Einen, der austeilt und einen, der einsteckt. Gerade in Paarbeziehung entsteht dadurch oftmals eine Abhängigkeit, aus der beide nur schwer ausbrechen können ohne Hilfe von aussen.

Gerade Menschen, die in der Kindheit solche Erfahrungen machen mussten, landen als Erwachsene auch oft in solchen Beziehungen. Mangelndes Selbstwertgefühl (auf beiden Seiten!), das Verlangen nach Zugehörigkeit und Liebe, machen oft blind für die zerstörerischen Aspekte.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Hallo venusherz! Wenn du eine Antwort auf deine Frage haben möchtest,dann schreibe PN! ^^
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Ich hatte zu diesem Thema auch schonmal was geschrieben, denn ich bin eine "Betroffene".

Mein Vater hat Jahrelang meine Mutter geschlagen und betrogen... auch ich wurde geschlagen.

Meine Eltern, mittlerweile 74 und 84 Jahre alt, sind heute noch verheiratet.
Ich habe nie verstanden, warum meine Mutter so lange bei ihm ausgehalten hat, bzw. sie es zugelassen hat, daß er mich schlägt...

Früher hatte ich Mitleid mit meiner Mutter, doch seit einer Therapie (inkl. Familienaufstellung) sehe ich die Vergangenheit mit anderen Augen... habe sogar "Frieden" mit meinen Eltern geschlossen und verziehen... ^^

Sie tut mir nicht mehr leid, für das was sie "erdulden" mußte... sie hatte mehrfach die Gelegenheit zu gehen!

Warum sie es nicht getan hat?

Ich nenne sowas: Hörigkeit.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
02.09.2011
Ausgerechnet bei meinem Hausarzt im Wartezimmer sah ich heute ein Plakat, dass Frauen eine Hotline Nummer bot, falls sie von ihrem Partner/Familienangehörigen oder selbst Kindern geschlagen wird.

Für mich war das alles sehr weit weg, in der Vergangenheit. Damals, Mitte der 70ger, gab es leider noch keine Frauenhäuser oder mehr Schutz für meine Mutter, als meinen betrunkenen, randalierenden Vater von der Polizei festnehmen zu lassen. Er wurde meist über Nacht in eine Ausnüchterungszelle gesteckt und war am nächsten Tag wieder zur Stelle, um ihr die Hölle heiß zu machen.

Ich war sieben Jahre alt, als meine Mutter in einer Tag- (weil er arbeiten war) und Nebelaktion alles zu Geld machte, was sie besaßen und mit mir und meinem Bruder ins 250 km entfernte Ruhrgebiet zu ihren Eltern flüchtete. Die Flucht war echt so. Sie fuhr zuerst zum Autohändler, um ihren kleinen VW Käfer zu verkaufen und wurde dann von Bekannten aus Hamburg abgeholt, bei denen sie uns traf. Wir waren von einer Cousine und ihrem Mann abgeholt worden und uns wurde dann erzählt, wir fahren Oma und Opa besuchen. Wie ein Krimi aus Hollywood.

Der Hintergrund lag darin, dass mein Vater meine Mutter mehrmals mit dem Messer bedroht hatte. Ich habe einmal zugesehen. Als stilles Kind ist man geschockt, aber man sagt nichts. Er hat uns Kindern nie etwas getan, dennoch gehen die Bilder nie aus dem Kopf. Heute reagiere ich immer noch mit ganz großem Stress und nah einer Ohnmacht, wenn ich Schlägereien sehe. Es steckt tief in der Seele.

Mein Vater drohte meiner Mutter: "Wenn ich dich finde, bringe ich dich um!" Dies wiederholte er auch nach der Trennung am Telefon fast täglich, wenn er bei meinen Großeltern anrief. Man versuchte es, von uns Kindern fern zu halten.

Ich kann mich erinnern, dass meine Mutter in der Stadt, beim einkaufen und überall zusammen fuhr, wenn sie einen dunkelhaarigen Mann mit den Zügen meines Vater wähnte. Sie lief sehr schnell nach Hause. Die Angst war immer da.

Habt ihr Gewalt in euren Familien erlebt oder kennt ihr das aus dem Umfeld?

Was ich wenig verstehe bis heute ist, dass manche Frauen sich nicht trennen oder immer wieder zurück gehen. Woran mag das liegen?