Psychiatriegesetz in Bayern

in „Politik und Weltgeschehen“

Zu diesem Thema gibt es 87 Antworten

„Walsrode“ (Pseudonym)

Vielen Dank für den sehr persönlichen Beitrag.
Hier sind viele interessante Aspekte angesprochen worden.

„Saarlouis“ (Pseudonym)

Optimistin,
wie bewertest Du es? war es falsch Deinen Vater vor sich selbst zu schützen?

Stell es Dir anders herum vor, wäre er vor ein Auto geklaufen und hätte sich und andere dabei verletzt und getötet, wie würdest Du dann über die Entscheidung der Ärzte denken?

„Chemnitz“ (Pseudonym)

Stell es Dir anders herum vor, wäre er vor ein Auto geklaufen und hätte sich und andere dabei verletzt und getötet, wie würdest Du dann über die Entscheidung der Ärzte denken?

Darum geht es doch nicht, sondern darum, dass der Vater nach dem neuen Gesetz registriert worden wäre und darum wie schnell das gehen kann. Da landen dann eben nicht nur gefährliche Sexualstraftäter in dem Register, sondern auch jeder harmlose Otto-Normalbürger. Kann ja nicht sinnvoll sein.

...und - um @Kaffee-Pauses Gedanken mal weiter zu führen - kein Mensch kann abschätzen, welche langfristigen Folgen das mit sich bringt.

Vielleicht bei einem Rentner ohne Auswirkungen auf den Job, aber bei einem noch Berufstätigen?

„Walsrode“ (Pseudonym)

Für mich ist eben auch die Frage, was soll es bringen?
Von welchen psychischen Erkrankungen wird gesprochen?
Essstörungen, Depression, depressive Verstimmungen, multiple Persönlichkeiten, Arzneimittel Mißbrauch?
Wer entscheidet wer diese Erkrankung meldet und an wen?
Werden alle die z.B. bei den AA sind ebenfalls gemeldet?
Werden alle die eine Selbsthilfe Gruppe besuchen auch registriert, weil auch die könnten theoretisch zu einer Gefahr werden, selbst wenn es eine für Angehörige ist.
Insgesamt finde ich, dass die Rechte aller wegen einer vagen Gefahr immer mehr beschnitten werden und es in keinem Verhältnis zum​ tatsächlichen Nutzen steht!

„Bergisch Gladbach“ (Pseudonym)

Am 25.05. tritt die neue EUDSVO in Kraft. Datensparsamkeit und Recht auf Datenlöschung heisst die Richtung.

In Bayern gehen die Uhren anders-die Köppe scheinbar auch!

„Warburg“ (Pseudonym)

Der Autor lebt m.E. nach in seiner eigenen Welt.
Man kann natürlich alles in Verbindung mit dem Nationalsozialismus bringen und dadurch diskreditieren, aber ob das Sinn macht?
Es gibt nun mal Krankheiten die aus gutem Grund meldepflichtig sind:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Infektionsschutzgesetz
Warum das für bestimmte psychische Erkrankungen nicht ebenso angewandt werden soll erschliesst sich mir nicht.
Spätestens wenn dann wieder einer durchdreht und es wieder Tote gibt, wie neulich in Münster, schreien dann genau die, die sich jetzt über dieses Gesetz echauffieren, nach noch härteren Maßnahmen und echauffieren sich darüber dass keine Meldungen über Risikopatienten erfolgt sind.

„Walsrode“ (Pseudonym)

Immer noch die Frage nach dem Nutzen. Ein Fall wurde angebracht in dem es vielleicht etwas gebracht hätte. Wahrscheinlich aber eben doch nicht. Siehe der Fall Amri. Hier war der Mann bekannt, gemeldet und theoretisch unter Beobachtung.
Wer böses will, der findet einen Weg, und der große Rest wird unter Generalverdacht gestellt, registriert, stigmatisiert und verwaltet.

„Saarlouis“ (Pseudonym)

Wenn ich registriert wäre, was wäre dann der Nachteil?
Steht soetwas im Polizeilichem Führungszeugniss?
Wer kann diese Info überhaupt abrufen?
Sicher, es wäre ein ungutes Gefühl auf so einer Liste zu stehen, aber über die Fälle, wo es zum Schutz des Patienten und dritter gut und Sinnvoll ist wird ja auch nicht berichtet.
Nur die spektakulären, vereinzelten, Fehler werden breitgetreten.

„Warburg“ (Pseudonym)

War Amri psychisch krank? Also falsches Beispiel.

Ausser in der Tatsache dass jemand gemordet hat, gerade weil er nicht angemessen beobachtet wurde. Also ist dein Beispiel eher ein Pro-Argument für mehr Überwachung und Kontrolle.

Man kann natürlich immer schön theoretisch und philosophisch diskutieren, aber wenn die Realität im wahrsten Sinne des Wortes zuschlägt ist dann auch reales Handeln gefragt.

Und Ja, ich spreche aus genügend leidiger Erfahrung mit dem Typ "der Arme, der ist doch krank, der kann doch nichts dafür dass er so ist".
Solange bis genau diese Leute die immer auf Toleranz, Rücksicht und Gespräch bestehen, fast totgeprügelt oder abgestochen worden sind.

Und Paul hat einfach sowas von Recht mit der Aussage

"aber über die Fälle, wo es zum Schutz des Patienten und dritter gut und Sinnvoll ist wird ja auch nicht berichtet"

Es gibt genügend alltägliche Fälle die bei entsprechender Kontrolle und Konsequenzziehung nicht passiert wären.

„Chemnitz“ (Pseudonym)

Wenn ich registriert wäre, was wäre dann der Nachteil?

=> Persönliche Daten, die eigentlich der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen werden weitergegeben und zugänglich gemacht.
Jede zugängliche Information birgt die Gefahr des Missbrauchs, davon abgesehen das solche Daten gerne auch mal gehackt werden.

=> Patienten (und zwar alle die mal stationär in einer Psychiatrie waren) bekommen das Stigma des potentiell künftigen Straftäters.

Das Gesetz legt nah, dass stationäre Patienten künfig nach dem Vorbild Strafvollzugspraxis zu behandeln sind, da ist dann vom massiv eingeschränkten Besuchsrecht bis zum forcierten Kontrollregime (Telefonate können überwacht und die Kranken durchsucht werden - dazu gehört auch die Kontrolle der intimen Körperöffnungen) alles dabei.
Ein großer Teil des Gestzestextes wurde nämlich einfach aus dem Strafrecht übernommen.
Nochmal: wir sprechen von Patienten, nicht von Straftätern.


=> Man macht einen Ort der jetzt schon von Stigma und Vorurteilen belastet ist zu einem absoluten Angstort und erreicht damit, dass psychische Krankheiten verschleppt und verschwiegen werden um nicht in einer Liste oder Statistik zu landen.


Paul, welche Vorteile gibt es denn, die diese Nachteile aufwiegen?

„Lippstadt“ (Pseudonym)

@P. Neumann
Mein Beispiel mit meinem Vater sollte nur zeigen, wie schnell man registriert werden könnte, auch als total harmloser Mensch. In der Situation war ich sehr dankbar dafür, dass er geschützt untergebracht war und auch keinen Unfall verursachen konnte.

Einer Registrierung psychischer Kranker stehe ich absolut ablehnend gegenüber. Es gibt nicht umsonst die ärztliche Schweigepflicht; so würden Ärzte zu Handlangern des Staates und müssten kranke Patienten
verraten.
Aus Bayern kommen in Wahlkampfzeiten leider immer wieder so populistische Vorschläge, die am rechten Rand fischen sollen. Ich erinnere mich noch an den Vorschlag in den 80gern, bei Einreise nach Deutschland einen Aidstest ablegen zu müssen :).

Auch Söder spielt jetzt mit den Ängsten der Menschen vor Straftaten und will suggerieren, dass er etwas für die Sicherheit der Menschen in Bayern unternimmt, indem er gegen psychisch Kranke vorgeht.
Alles sehr leicht durchschaubar, reiner Aktionismus, der davon ablenken soll, dass man z.B. nicht in die Prävention von Straftaten investiert.

Statistisch gesehen begehen psychisch Kranke genauso viele Straftaten wie psychisch Gesunde. In Bayern sagt man aber schnell zu allem, was man nicht versteht, das muss psychisch krank sein (bin Bayerin, kann das beurteilen).

„Saarlouis“ (Pseudonym)

"=> Patienten (und zwar alle die mal stationär in einer Psychiatrie waren) bekommen das Stigma des potentiell künftigen Straftäters."

Nee nee, das ist mir zuviel.
Dann könnte ich auch jeden Wachtmeister mit Radarpistole damit kommen er geht, nur weil ich Motorrad fahre, pauschal davon aus ich sei ein Raser.

Zu
"(Telefonate können überwacht und die Kranken durchsucht werden - dazu gehört auch die Kontrolle der intimen Körperöffnungen)"

Ja, KÖNNEN, da werden sich jetzt nicht hunderte IMs hinsetzen, jedes Gespräch belauschen und jedem Besucher mit den Fingern im Hintern wühlen, nur weil sie es KÖNNEN.
Es geht um Einzelfälle welche tatsächlich im verdacht stehen eine Gefahr zu sein.

Tatsächlich ist es doch ein Witz, was die Polizei alles NICHT darf, weil der Schutz der unbescholtenen Bürger eben weitgehend auch Täterschutz bedeutet.
Es entsteht kein zweites Guantanamo, es ist nur etwas Kontrolle, zur Vorsicht
Und ganz viel Wahlkampf Säbelgerassel, das selbe in Grün wie die Kreuzfrage..

„Lippstadt“ (Pseudonym)

@ Kaffee-Pause

das sind für mich die wichtigsten Argumente gegen eine Registrierung psychisch Kranker. Die Konsequenzen sind so gravierend und können sehr schnell jeden treffen, was sich viele nicht bewusst machen.
Psychisch Kranke wie bereits verurteilte Straftäter zu behandeln ist unverantwortlich.

„Chemnitz“ (Pseudonym)

Paul, welche Vorteile ergeben sich für uns alle bei einer Registrierung und einem solchen Gesetz? Also für die Normalbürger und die Patienten? Magst Du dazu was sagen? Die Frage steht schon länger im Raum (Thread).

„Warburg“ (Pseudonym)

Zitat:
"Psychisch Kranke wie bereits verurteilte Straftäter zu behandeln"

Wo steht dies in dem neuen Gesetz?
Oder steht dies nur als Ansicht des Autors im Zeit-Artikel?

„Herrenberg“ (Pseudonym)

Nur mal so als Gedankenexperiment:
Was wäre wenn es nicht um Menschen mit psychischen Erkrankungen ginge sondern um zB AUTOFAHRER...
Alle Autofahrer sind potentielle!! Gefährder..
Und NEIN! es geht nicht um Polemik, sondern um ein Beispiel WIE absurd solche Überlegungen sind.

(ich zitiere mich mal selbst vom Anfang des Threads...)

Also gut , dann eben doch:
Wenn es um puren Opferschutz ginge, wäre es wesentlich effizienter jeden Autofahrer/in fünf Jahre lang als potentiellen Täter zu registrieren, der schon einmal bei einer Geschwindigkeitsübertretung erwischt wurde.
Potentiell wird er/sie beim nächsten Mal Jemanden töten.
Wieviel Opfer im Strassenverkehr durch Geschwindigkeitsübertretung haben wir jährlich?
Und wieviel Opfer durch psychisch kranke Täter?

Und nein, ich will nicht jeden Autofahrer als potentiellen Mörder registrieren!
Genausowenig wie psychisch Kranke.
Jedoch wird das Absurde vielleicht etwas deutlicher..?
Und der Horror für Nicht-Betroffene etwas verständlicher?

Und nur nochmals zur Erinnerung:
Die Registrierung wird, so wie es momentan scheint, nicht kommen.
Wir diskutieren ein Gesetz, das es zum Glück! wohl nicht geben wird.

„Walsrode“ (Pseudonym)

Ich sehe den Sinn nicht. Nachteile wurden nun einige aufgezählt, Vorteile bisher nicht.

Der Vergleich mit Amri passt für mich dahingehend:
Er WAR als Gefährder bekannt, er WURDE überwacht, er WAR registriert.
Was hat es genutzt? Wen hat es gerettet oder geschützt?

Genau das soll nun mit psychisch Erkrankten passieren. Daten sammeln, Stellen schaffen, überwachen, registrieren, beobachten, aber wo ist der Mehrwert? Was bringt es der Gesellschaft?

Wer fühlt sich in seinem Leben generell von psychisch Kranken bedroht?

„Saarlouis“ (Pseudonym)

Mattilda, in Deinem Beispiel wäre es witzlos die Leute nur zu registrieren, den Verkehrsverstöße sind nicht im Vorfeld durch registrierung/überwachung zu vermeiden. 5 Jahre Lappen weg und die Täter werden sich sehr gut überlegen wieder gegen Regeln zu verstossen.

Psychisch auffällige zu überwachen um sie ggeF bei der VORBEREITUNG einer Straftat zu erwischen ist dagegen sinnvoll.
Das ist der auschlaggebende Vorteil, Kaffee-pause.

Ob die Gruppe um die es hier geht allerdings überhaupt eine Gefahrenquelle ist, kann ich nicht beurteilen.

„Warburg“ (Pseudonym)

Aurelinchen, ich mich, und zwar täglich auf der Arbeit!

„Chemnitz“ (Pseudonym)

Wo steht dies in dem neuen Gesetz?

@ rk76de

Zum Beispiel in Kapitel 5 und 6

https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000014000/0000014418.pdf



Vergleiche beispielsweise Kapitel 5 Art 23 des Gesetzentwurf des Bayerisches Psychisch mit dem bayerischen Maßregelvollzugsgesetz

http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayMRVG/true?AspxAutoDetectCookieSupport=1
Abschnitt 3 Art 12




Gleicher Wortlaut, einfach direkt übernommen.

Erster Fall: Wie mit Patienten umzugehen ist.
Zweiter Fall: Wie mit verurteilten Straftätern umzugehen ist.

Da kann man schon davon sprechen, das Patienten wie verurteilte Staftäter behandelt werden sollen und dürfen.

"Ja, KÖNNEN, da werden sich jetzt nicht hunderte IMs hinsetzen, jedes Gespräch belauschen und jedem Besucher mit den Fingern im Hintern wühlen, nur weil sie es KÖNNEN."

@Paul
Vielleicht nicht zwingend am Anfang, aber wer garantiert denn, dass es so bleibt?
So lange es beim Säbelrasseln bleibt, soll es mir recht sein. Eigentlich wird hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Durch entsprechende Berichterstattung (über Katastrophen wird ausführlich berichtet, aber über Erfolge eben nicht) wird die öffentliche Meinung/Stimmung durch die Medienwelt ausreichend beeinflußt. Und die Initiatoren erhalten ihre - gewollte - Bühne.
Amokläufe und ihre Folgen sind grausam und furchtbar - das will ich nicht kleinreden, aber wie oft kommt das vor?
Wie viele Flugzeuge stürzen ab? Auch diese Katastrophen sind furchtbar, aber wie viele Flugzeuge heben täglich ab und kommen heil und sicher an? Darüber ist in den Medien nichts zu hören. Klar, wer will schon in den Nachrichten hören? "Heute sind xy-viele Flieger sicher gestartet, gelandet und es ist nichts passiert."

Über die tatsächlichen Erfolge, bei denen Amokläufe oder größere Katastrophen verhindert wurden, ist nichts zu hören oder zu lesen - die agieren nicht nur aus ermittlungstaktischen Gründen ganz leise im Hintergrund. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, davon gibt es mehr als genug. Sonst wären BND, GSG9 usw. aus Kostengründen bereits abgeschafft.

Das Leben birgt ein gewisses Restrisiko.

„Warburg“ (Pseudonym)

Die Patienten von denen im Gesetz die Rede ist sind aber keine Burnout-Patienten oder Esssüchtige sondern solche die eine Gefahr für sich oder andere darstellen.

Was ist dabei das Problem diese vor sich und anderen zu schützen?


Zum Tenor des Ausgangsartikels übrigens auch interessant:
http://www.taz.de/!5068958/

„Saarlouis“ (Pseudonym)

jane doe,
Personalkosten würden das ganze begrenzen.
Andererseits wäre es ein schritt dahin den Überwachungsaparat zu vergrößern.
DA gegen kann man mit gutem Grund sein, den ich bin mir sehr sicher das Merkel &co neidisch auf Putin und Kim Jong blicken. Die können weitgehend tun und lassen was und wem sie wollen.

Etwas Augenmaß ist aber wichtig, sinnvolle Regulierungen zu unser aller Schutz sind nicht immer der nächste Schritt zu "1984" oder "Fahrenheit 451" (mit Leuten denen diese Titel nichts sagen, habe ich keine Lust mich zu unterhalten).

„Chemnitz“ (Pseudonym)

rk76de

Im ursprünglich geplanten Gesetz aber schon, da war von sämtlichen in der Psychiatrie untergebrachten Patienten die Rede.
Zurückgerudert wurde wegen des grossen Widerstandes auf das man stiess.
Nicht einfach kritiklos alles schlucken ist manchmal schon sinnvoll, wie man daran sieht.