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„Walsrode“ (Pseudonym)
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-04/psychiatrie-gesetz-bayern-psychkhg-stigmatisierung-psychisch-kranke-nationalsozialismus/komplettansicht
Ich habe den Artikel gelesen und war ziemlich geschockt. Nun würde mich eure Meinung dazu interessieren. Dürfen ganze Gruppen, einfach auf Grund eines sehr persönlichen und nicht gesellschaftlich relevanten Merkmals , polizeilich erfasst werden?
Bitte geht höflich und sachlich mit dem Thema um. Verzichtet auf persönliche Angriffe, Abwertungen und Verweise auf schon bestehende Diskussionen.
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„Herrenberg“ (Pseudonym)
Die bayrische Regierung ist - nach deutschlandweiten massiven Protesten und fachärztlicher Kritik- schon wieder etwas abgerückt von ihren Plänen..
In vier Punkten werde die Staatsregierung ihre Linie neu ausrichten, wie Sozialministerin Kerstin Schreyer erklärte. So wird sie auf eine Zentraldatei verzichten, in der sämtliche in der Psychiatrie untergebrachten Patienten erfasst werden sollen. Verbände, Opposition und auch Teile der Bevölkerung hatten gegen diese Pläne massiv protestiert. "Wir nehmen die Ängste und Sorgen der Betroffenen sehr ernst", sagte Schreyer. Es werde nun doch keine Speicherung von Patientendaten geben, versicherte sie. Im ersten Gesetzentwurf war noch von einer Speicherdauer von fünf Jahren die Rede gewesen. Die Polizei soll auch künftig informiert werden, wenn Patienten aus psychiatrischen Einrichtungen entlassen werden. Aber nur, sofern sie zwangsuntergebracht waren oder eine Gefahr für andere Menschen darstellen.
Auch auf weitere Maßnahmen, die psychisch Kranke in die Nähe von Straftätern gerückt hätten, will die Staatsregierung verzichten. Die Verweise auf das Maßregelvollzugsgesetz etwa sollen gestrichen werden, außerdem sollen keine Unterbringungsbeiräte eingeführt, sondern Besuchskommissionen fortgeführt werden. Wichtig war Schreyer die sprachliche Ausgestaltung. So wolle man nun "hervorheben, dass Heilung gleichrangig ist mit Sicherheit".
(http://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-staatsregierung-entschaerft-umstrittenes-psychiatriegesetz-1.3956804)
Nichttsdestotrotz: Das Entsetzen angesichts solcher Ideen bleibt!
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„Saarlouis“ (Pseudonym)
Es werden nur Daten gespeichert, von potentiel gefährlichen Personen und das auch nur zeitlich begrenzt.
Niemand wird in seiner körperlichen oder geistigen Freiheit eingeschränkt oder gar weg gesperrt.
Natürlich kann ich im Detail nicht beurteilen ob die Erkrankungen tatsächlich mit Gefahrenpotential im Zusammenhang stehen, aber wenn ein Täter schon irgendwo in Behandlung war, ist das Geschrei warum nicht vorher reagiert wurde auch groß.
Der Vergleich zu den mittelalterlichen Drangsalen ist in meinen Augen Polemik und haarsträubend. Nie wurde Erkrankungen des Geistes so viel Annerkennung und Hilfe zuteil wie heute und das Gesetz ist in keinster Weise ein Schritt dahin, daran irgendetwas zu verschlechtern.
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„Walsrode“ (Pseudonym)
Soweit ich den Artikel verstanden habe eben nicht nur von potentiell gefährlichen Personen, sondern auch von Personen, die Zwangseingewiesen wurden. Als Grund dafür zählt auch Eigengefährdung.
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„Saarlouis“ (Pseudonym)
Inwiefern haben diese Leute dadurch Nachteile?
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„Düsseldorf“ (Pseudonym)
"Und polizeilich registriert werden soll nur, wer zwangsweise untergebracht wurde oder nachweislich eine Gefahr für andere darstellt, so die abgeschwächten Pläne."
Da steht eindeutig "so die abgeschwächten Pläne". Diese wurden erst auf Druck der Öffentlichkeit und von Fachleuten abgeschwächt. Eventuell hätte man beim Entwurf des Gesetzes sofort (mehr) Fachleute einbinden sollen, dann wäre vielleicht nicht so ein Entsetzen und Angstmachen in der Bevölkerung entstanden. Dafür hätte man aber sein Hirn einschalten müssen, sofern vorhanden.
Die Stigmatisierung von psychisch kranken Menschen ist noch immer gegeben - man schaue sich nur mal den Nachbar-Thread von Kaffee-Pause an. Für mich gehört es durchaus zur Allgemeinbildung, dass man schon einmal etwas davon gehört hat, dass psychisch Kranke in der Vergangenheit (noch deutlich mehr) ausgegrenzt, sogar getötet wurden und welche (bestialischen) Behandlungsmethoden und Unterbringungen es gab. Dass diejenigen, welche das Gesetz entworfen haben, das anscheinend nicht berücksichtigt haben, spricht absolut nicht für sie. Wie kann man mit so einem Thema so völlig gedankenlos umgehen? Mich erschreckt das. Herrje, das sind Leute mit Verantwortung!
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„Walsrode“ (Pseudonym)
Mich erschreckt mit welchem Selbstverständnis davon ausgegangen wird, dass es passt.
Haben psychisch erkranke Menschen kein Recht an ihren Daten? Schweigepflicht der Ärzte? Privatsphäre?
Wem wird was als nächstes aberkannt?
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„Düsseldorf“ (Pseudonym)
Was ich noch korrigieren wollte: wahrscheinlich waren sich die Leute, die das Gesetz entworfen haben, darüber bewusst, wie extrem es - dieses Gesetz in seiner nicht abgeschwächten Form - ist. Genau so wollten sie es auch. Ich schrieb, dass sie die historischen Fakten anscheinend nicht berücksichtigt haben; dass sie gedankenlos waren. Nee, die wollten das genau so.
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Genauso ist es ! Da schließe ich mich auch @minty und @aurelinchen an. Und verweise auch noch mal auf das Schreiben von @dagmar in dem anderen Thread!
Mich erschreckt auch, daß viele Menschen nicht bewußt ist, wie schnell die Psyche des Menschen an einem "seidenen Faden" hängen kann !? Sie ist nicht so verlässlich stabil, wie manche Menschen meinen! Viele Menschen "klammern" das für sich komplett aus!
Und was heißt schon "Eigengefährdung"? Da kann die Bandbreite wirklich sehr groß sein.
"Einmal stigmatisiert, immer stigmatisiert!?"
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„Herrenberg“ (Pseudonym)
Es gibt übrigens gegen diesen Gesetzentwurf -wie gegen so vieles Anderes- auch eine Petition
Und es ist -trotz des offiziellen Zurückruderns der bayrischen Offiziellen- immernoch sinnvoll sie zu unterzeichnen solange die Beschwichtigungen nicht auch Gesetz sind!
https://www.change.org/p/markus-soeder-stoppen-und-%C3%BCberarbeiten-sie-das-bayerische-psychiatriegesetz
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„Walsrode“ (Pseudonym)
Danke für den Link.
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„Chemnitz“ (Pseudonym)
Mit einem solchen Gesetz würde man nur erreichen, dass noch viel weniger Menschen sich Hilfe bei psychischen Problemen suchen und ob das die Welt besser und sicherer macht kann sich sicher jeder selbst beantworten.
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„Herrenberg“ (Pseudonym)
Es werden nur Daten gespeichert, von potentiel gefährlichen Personen und das auch nur zeitlich begrenzt.
Niemand wird in seiner körperlichen oder geistigen Freiheit eingeschränkt oder gar weg gesperrt.
Nur mal so als Gedankenexperiment:
Was wäre wenn es nicht um Menschen mit psychischen Erkrankungen ginge sondern um zB AUTOFAHRER...
Alle Autofahrer sind potentielle!! Gefährder..
Und NEIN! es geht nicht um Polemik, sondern um ein Beispiel WIE absurd solche Überlegungen sind.
Wo fängt das an? Wo hört das auf?
Und was genau erreicht man mit solch einer Stigmatisierung?
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„Delbrück“ (Pseudonym)
Das der Datenschutz in Bayern quasi ausgehebelt wurde ist bekannt und beschränkt sich leider nicht nur auf psychisch Kranke.
Aber im Moment kann man in diesen Zeiten den Datenschutz sehr ungehemmt stutzten und niemand interessiert es wirklich ,weil die meisten glauben sie haben doch nichts zu verbergen .
Leider können anscheinend harmlose Daten missbraucht bzw als Gefahr gedeutet werden.
Eine junge Künstlerin die zu einem Auftritt ging, wurde nur aufgrund ihrer Klamotten und das in einem anderen Stadtviertel eine solche Klamotten tragende Demonstranten eine Demo hatten, als verdächtigt eingestuft und monatelang überwacht.
Und das war nur ein Beispiel.
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„Wesel“ (Pseudonym)
Letztlich würde es bedeuten, daß jemand mit Suicidgedanken bei Depressionen oder bei einer starken Trauerreaktion , der dann ja eigengefährdend ist, nun "registriert wird.
Menschen mit einer ausgeprägten Schizophrenie sind, wenn sie wenig Einsicht in ihre Erkrankung zeigen und fremdaggressiv sind, sowieso häufig schon mit einer gesetzlichen Betreuung ausgestattet. Aber die können auch nichts machen, außer Hilfe anzubieten und notfalls eine Unterbringung anordnet.
Ich finde, es steht in keiner Verhältnismäßigkeit zu Leuten, die fremdaggressiv im Suff sind, massiv unter Alkohl oder Drogen Auto fahren oder andere Aggressionen im Alltag zeigen, die Fremdgefährdend sind und z.B massives Polizeiaufgebot binden. Fußball hooligans nur mal so als Beispiel. (Bitte nur als ein Beispiel sehen)
Das Thema Alkohol wird als "Gewalt- und Staftat-Gefährdungspotential " gerne ausgeblendet. Eine Registrierung von Alk Einkauf, weil damit das Risiko von Schlägereien , Vandalismus und häuslicher Gewalt steigt.... na. Da möchte ich mal den Aufschrei in unserer Gesellschaft sehen....allen vorran in der Bildzeitung ;-))
Mich ärgert eher viel mehr, daß die Behandlungsbefugnisse in den Kliniken in den letzten Jahren so massiv eingeschränkt wurden. Wenn keine ganz genau beschriebenen Parameter erfüllt sind, gibt es keine "Zwangmedikation " mehr. Da gibt es die Haltung, daß es zum Wohle des Kranken ist, 4 Wochen ohne Medikamente auf den geschlossenen Stationen rum zulaufen , Ärzte, Mitpatienten und vor allem Pflegepersonal massiv fremdaggressiv zu gefährden oder auch nur beängstigend im Wahn zu stecken....ohne antipsychotische Medikamente nehmen zu müssen. Angeboten zu bekommen und immer wieder ablehnen zu können. Und somit im Wahn zu bleiben.
Und dann halbwegs "beruhigt", aber letztlich nicht erkrankungseinsichtig und kaum grundlegend behandelt wieder entlassen zu werden. Weil es ja keine Langzeit Unterbringungen mehr gibt, werden sie nach hause oder notfalls ins Obdachlosenasyl entlassen.
Nicht jeder von der chronisch und dauerakut Erkrankten ist "heimfähig". Zumal es ja auch nicht so viele Heime gibt, selten geschlossene..... erst in der Forensik, nach einer Strafttat und Verurteilung ist jemand vor der Gesellschaft "weggesperrt".
Dann gäbe es ja auch keine Obdachlosen mit Alkohl oder Drogenproblem mehr. Wenn alles und Jeder "behandelbar" wäre.
Es gibt in jeder Gesellschaft auf der Welt einen Prozentsatz von etwa 2-3 % Psychosekranken Menschen.
Depressionserkrankungen nehmen überall auf der Welt zu.... vorranig in der ersten Welt. Scheint irgendwie doch am Lebensstil der Gesellschaften zu liegen, denen es augenscheinlich eigentlich gut gehen müßte.
Das Problem der Gefährdung der Gesellschaft durch psychisch Kranke löst sich ja nicht durch eine Datenerfassung. Dann weiß man nur hinterher, daß der jenige krank war, wenn es zu einer Straftat gekommen ist. Geschützt wird dadurch ja keiner.
Steckt das Geld in den sozialen Sektor zur Prävention, gute Behandlung (z.B in Kliniken, wo es noch genug Personal gibt, daß auch Zeit hat, sich zu kümmern und nicht nur Notlagen zu verwalten) und eine gute Nachsorge..... dann lößt man eher was an der Wurzel des Problems und versucht nicht nur Symptompflege mit Aktionismus zur Beruhigung der Bürger zu betreiben.
Obwohl es hier eine recht gute Dichte z.B an Psychotherapeuten gibt, beträgt die Wartezeit auf einen Platz zur Gesprächstherapie etwas 3-6 Monate !!!!! Bis dahin ist die Krise schon eine ziemlich Notlage.
Und wie schon gesagt.....die psychische "Notlage" kann schneller eintreten, als einem so bewußt ist.
Schwere köoperliche Erkrankungen, Trennungen, Arbeitslosigkeit, Tod und Verlust oder einfach nur Mobbing oder massiver Streß im Job..... gerne treten solche "Krisenauslöser" im Rudel auf ;-)
Oder die lieben Kinder erwischen in der Sturm und Drang Phase ihrers Lebens mal die falschen Drogen.... kiffen kann übrigens eine Veranlagung zur Psychose hervorragend triggern..... und "schwierige"
(auch Wohlstands-)Familienverhältnisse rufen schon mal Trauma und " Borderline"Erkrankungen hervor....
Daher.... Vorsicht mit den "Vorurteilen" bei psychischen Erkrankungen. Die sind nämlich der Krebs der Seele.... und somit ziemlich unberechenbar.
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„Chemnitz“ (Pseudonym)
Starker Beitrag, Dagmar!
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Danke @dagmar für diesen guten und fundierten Beitrag. Das sind auch die Gedanken, die mich bei dem Thema so umtreiben. Nur um ein paar Beispiele zu nennen:
Was ist mit den Menschen, die gerade 3 - 6 oder auch mehr Monate auf eine Therapie warten? Wie du schreibst, wird die Krise mindestens zur Notlage, bei dem einen oder anderen auch zur Ausweglosigkeit. Da kann jemand schnell mal Suizidgedanken bekommen und damit eine Gefahr für sich selbst werden. Wird dann jeder registriert, der gerade versucht, einen Therapieplatz zu bekommen? Menschen sind ja unterschiedlich, einer sinkt immer tiefer, ein anderer hat in dieser Zeit vielleicht einen Weg gefunden, seine Krise irgendwie zu bewäligen.
Was ist mit den Menschen, die sich z. B. in Hospizvereinen in Trauergruppen treffen? Diese Menschen sind alle zutiefst traurig und zumindest vorübergehend an der Grenze zur Depression. Auch registrieren? Wenn dem so ist, dann entsteht ein neues Berufsbild "Registrierer" unterwegs auf Friedhöfen...bei jeder Beerdigung die Angehörigen registrieren.
Oder der schlimmste Fall: Was ist mit Familien, in denen es bereits gehäuft Suizide gab?
Ich persönlich glaube nicht, dass man mit einem Gesetz eine vernünftige Lösung herbeiführen kann...
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„Göppingen“ (Pseudonym)
@Dagmar Schon mal überlegt in die Politik zu gehen und zu versuchen an den Wurzeln etwas zu ändern? #ernstGemeint Ich glaube, du könntest da was bewegen. Uns überzeugst du ja auch jedes Mal. :)
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„Wesel“ (Pseudonym)
@Hanna.
Ehrlich gesagt habe ich da schon mal drüber nachgedacht. Aber sich durch die Lokalpolitik im Klein/Klein zu ackern und mit Unmengen von lokalen Wichtigtuern sich rumzuplagen ..... seufz. Och nööö.
Ich kann zwar lange verbindlich und sachlich bleiben......aber mir platzt dann leider doch irgendwann der Kragen und ich werde deutlich und auch gerne mal zynisch
;-))
Vor allem, wenn es nur um Persönliches und Rechthaberei geht.
Zumal mir das Bedürfnis nach "Macht" und Wichtigkeit zu sehr fehlt, um mich durch parteipolitische Querelen zu plagen.
Mit 14 war ich ein paar mal bei den "Falken" , aber letztlich haben mich parteipolitische Haltungen, die man haben soll, um auf einer Pateilinie zu sein, schon da genervt, lach.
Vor allem...... für welche Partei ???? Ich fühle mich keiner wirklich so zugehörig, daß ich dort aktives Mitglied werden möchte.
Und ich habe mit meinem Schichtdienst keinen Job, der in der freien "Zeit Planung " dafür tauglich ist .
Aber danke. Ich freue mich, daß ich etwas zur Klarsicht bei diesem Thema beitragen konnte.
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„Saarlouis“ (Pseudonym)
Das registrieren therapeutisch keinen Sinn macht und den erkrankten schon gar nicht weiterhilft ist klar.
Ich meine trotzdem, dass die Registrierung, sinnvoll oder nicht, nicht zu vergleichen ist mit der negierung von früher.
Einsehen kann ich allerdings Kaffee-Pause Argument,dass die Betroffenen sich stigmatisiert fühlen durch die Registrierung.
Ein Punkt den ich übersehen hatte.
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„Chemnitz“ (Pseudonym)
Im Artikel wird lediglich ein historischer Überblick gezeigt.
Ein direkter Vergleich wird nur zum systematischen Erfassen von Patienten im 3. Reich gezogen. Dort gingen Meldebögen, an die Direktoren der Heil- und Pflegeanstalten, die sich damit dann letztendlich zu Handlangern des Patientenmords machten.
Also keine mitteralterlichen Drangsale, sondern das Erfassen und Weitergeben von Daten in relativ aktueller Vergangenheit.
Für mich stellt sich auch neben der Frage welche Nachteile das den Patienten bringt, vor allem die Frage welche grossen und sinnvollen Vorteile so eine Registierung uns allen bringen soll, die die Aushebelung von Grundrechten wert ist ...
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„Chemnitz“ (Pseudonym)
Hier noch ein spannendes Interview dazu, aus der Sendung quer:
https://www.youtube.com/watch?v=YYTTufIOjPI
Bei Minute 3:23 geht es konkret um das geplante Gesetz, die Zusammenhänge davor sind aber auch sehr interessant.
Heribert Prantl (Jurist, Journalist und ehemaliger Staatsanwalt) sagt darin:
"Diese Art und Weise des registriert werden ist furchtbar. Das hat mit einem Rechtsstaat nichts zu tun. Das ist eigentlich ein typisches Kennzeichen von autokratischen und diktatorischen Systemen."
Der Vergleich scheint mir also schon zulässig zu sein.
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Mir wird bei dem Gedanken einfach nur übel - ohne mich dabei auf fundierte Informationen zu stützen.
Das Stigma psychischer Erkrankungen ist zwar in den letzten Jahren etwas besser geworden, aber bei "gut" sind wir noch lange nicht angekommen. Selbst heute gibt es noch ausreichend Einschränkungen, die jemand mit einer psychsichen Erkrankung hinnehmen muss - z. B. nicht jede Krankenkasse nimmt einen mehr auf, Nachteile im Job, etc.
Auch wenn der "Makel" aktuell nicht mehr so abfällig behandelt wird, weil ein burn out schon fast "en vogue" ist - wer sagt denn, dass das so bleibt bei einer Erfassung?
Und ich bin zu 100% dabei bei der Frage "wo werden denn die Grenzen gezogen?"
Mit vielen Menschen aus meinem engeren und weiteren persönlichen Umfeld habe ich in den letzten Jahren gesprochen, als plötzlich "herauskam", welche psychischen Einschränkungen sie - zeitweise oder langfristig - mit sich herumtragen. Trotzdem führen sie ein völlig unauffälliges Leben, ohne sich oder anderen zu schaden. Diejenigen, die erfolgreich Hand an sich selbst gelegt haben, hatten sich im Vorfeld nicht um Hilfe bemüht!
Müsste dann jeder, der sich um eine Therapie bemüht oder bei seiner Krankenkasse Rezepte für entsprechende Medikamente einreicht, auf einer Liste landen? Was passiert mit dieser Liste? Mir kann keiner erzählen, dass diese unter Verschluss bleibt! Und wer garantiert, dass diese Daten nach besagten 5 Jahren tatsächlich vernichtet werden? Geschenkt - dieser "schwarze Fleck" würde niemals gelöscht.
Mit Sicherheit würden psychische Erkrankungen rapide abnehmen... weil zunehmend weniger Menschen es zugeben und damit nicht erkannt und behandelt würden. Ist das besser?
Den Gedankengang von dir, @Dagmar, finde ich ebenfalls wichtig: was ist u. a. mit der verniedlichten Droge "Alkohol"? Wie oft steht Alkohol im direkten Zusammenhang mit Gewalt - körperlich oder mental?
Ich finde, dieser Gesetzesentwurf ist völlig unausgegoren und geht an der Realität vorbei. Das steuert eher noch weiter auf eine 2-, 3- oder Mehr-Klassen-Gesellschaft zu.
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„Lippstadt“ (Pseudonym)
Ein kleines Beispiel aus meinem Leben, wie schnell man in die geschlossene Psychiatrie aufgrund von Eigengefährdung eingewiesene werden kann.
Mein Vater hatte einen schweren Schlaganfall, im Zuge dessen er nicht mehr sprechen kann und nur mehr Wortsalat produziert (der rororodidododo, z.B.). Verständigung ist kaum mehr möglich.
Er kam auf Reha, fühlte sich dort mehr und mehr frustriert und ging deshalb zweimal zu einer sehr stark befahrenen Straße, die Autos hupten.
Beim zweiten Mal fragte mich die Ärztin, ob ich eine Vorsorgevollmacht hätte, ich verneinte, woraufhin sie die Polizei rief und meinen Vater wegen Selbstgefährdung durch Weglaufen in die geschlossene Psychiatrie einweisen ließ. Am nächsten Tag wurde die geschlossene Verwahrung durch eine Richterin bestätigt, die meinen Vater "anhörte" (Wortsalat) und schwupps, war er drei Wochen in der geschlossenen Psychiatrie. Inzwischen ist er wieder draußen, zuhause, von Weglaufen keine Spur mehr, was damls in ihm vorging kann er uns nicht sagen.
So schnell kanns gehen!