"Hartz IV bedeutet nicht Armut"

in „Politik und Weltgeschehen“

Zu diesem Thema gibt es 512 Antworten

„Rheinberg“ (Pseudonym)

Hmmm, ich bin ein wenig nachdenklicher geworden, als Rudi den Begriff Reiche in Anführungsstriche setzte.

Ich bin angestellt und verdiene sicher nicht schlecht. Sicherlich mehr, als mancher Selbstständige. Das ist nun keine Vermutung, sondern Wissen, denn ich habe die Zahlen Selbstständiger schwarz auf weiss gesehen. Weiter kenne ich auch Zahlen von Angestellten, die locker das Doppelte von dem verdienen, was ich verdiene. Die Frage, die sich mir nun stellt, ist natürlich off topic aber irgendwie auch nicht...

Wann ist man reich? Ich habe dazu folgenden Bericht gefunden.
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ab-wann-ist-man-reich-ein-spitzenverdiener-spricht-13360028.html

Warum reich-sein zum Thema "Ist Hartz IV Armut" passt? Weil arm oder reich eben nicht nur eine geldwerte Zahl ist, sondern ein Gefühl. Arm ist auch, wer sich für arm hält und nicht jeder, der sich für reich hält, ist auch reich. Genauso wie umgekehrt. Nicht jeder der arm ist, hält sich auch für arm und nicht jeder der reich ist, hält sich auch für reich. Und Gefühl ist nun einmal abseits von jeder rationalen Definition.

„Itzehoe“ (Pseudonym)

Reich?

Ich bin reich, obwohl ich statistisch verglichen nicht wirklich viel verdiene.
Ich habe alles was ich haben möchte, abgesehen von einem Haus mit Flussufer, einem sehr teurem Moped und solchen Dingen.
Aber wenn ich in der Stadt bummel, finde ich kaum etwas, das ich noch brauche. Lecker Essen, Klamotten und Bücher gehen immer, ich kann sie mir jederzeit kaufen.
Jeden Monat bleibt Geld über, ohne groß zu sparen.
Und weil ich auch andere Zustände kenne, wo ich zwar auskam mit dem Geld, aber sparsam sein musste, empfinde ich eine Zufriedenheit und innere Ruhe angesichts meines "Reichtumes".

„Lörrach“ (Pseudonym)

"Um arm zu sein muss man nur am falschen Ort und zur falschen Zeit geboren sein. Das reicht schon. Oder im richtigen Moment Pech haben, krank werden, straucheln. Und, und, oder ...

Die Aussage dass jeder reich werden kann, wenn er im richtigen Moment "Ja!" sagt ist absurd."

Ich habe die Ehre ein Macher (24!) kennen gelernt zu haben, der seinen Traum von H4 zum Geschäftsführer einer GmbH jetzt lebt.

Seit 01/18 zeigt er welches ungeheure Potential da vorhanden ist.
Letzten Freitag hatte er die im Businessplan geplanten Umsatzzahlen 2018 mit nur einem Mitarbeiter vorzeitig erreicht. Er darf nun um 2 Mitarbeiter aufstocken. Noch ist er nicht reich, aber auf dem besten Weg dazu.
Der Audi steht bereits vor der Tür und das Büro wird von 15 m2 auf 80m2 erweitert.
Und wer meint, der junge Mann hätte es leicht, nein, er bekommt nichts geschenkt. Es ist sein unbändiger Wille, Fleiß und ein besonderes Talent, dass im H4 System untergegangen ist.

Ausbildung hat er keine, er ist Autodidakt, aber er hat ein außergewöhnliche Lernkurve.

Ein Ausnahmetalent, zweifellos, welches man nicht verallgemeinern darf.

„Neukirchen-Vluyn“ (Pseudonym)

Der Audi vor der Türe wird manchmal überbewertet Kontra. Und beruflicher Erfolg auch. Ich glaube Menschen die ihr Leben wuppen, zufrieden sind und sich ohne die Bewunderung anderer ein gutes Leben schaffen sind oft reicher als manch ein Wohlhabender. Sorry off.

„Lörrach“ (Pseudonym)

Wenn jemand das will und jede Faser in ihm danach schreit, dann ist es sein Weg. Der hat hunderte Leute mit seiner Idee genervt, keiner wollte ihm zuhören, keiner hat ihn ernst genommen. Schon gar nicht das Jobcenter :-))). Erst wollte er meine Scheinwerfer wieder "klar" polieren, dann wollte er gratis eine Homepage für mich machen, nur damit ich einen Blick auf seinen Businessplan werfe. Dann kam er mit einem A4 Blatt zu mir und ich musste ihm sagen, dass das leider nicht im Ansatz reicht... .

„Neukirchen-Vluyn“ (Pseudonym)

Damit wollte ich dein Beispiel nicht abwerten. Wenn das sein Weg ist und er damit glücklich ist- super! Ich musste nur wegen dem Auto schmunzeln. Statussymbole lösen bei vielen Leuten Ehrfurcht aus. Vermutlich weil man damit Reichtum und Erfolg assoziiert. Instagram ist voll damit.

„Nettetal“ (Pseudonym)

Islamdebatte: Die unerträgliche Waschlappigkeit der deutschen Politik (SPIEGEL ONLINE) http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/islam-debatte-die-waschlappigkeit-der-deutschen-politik-a-1203826.html

Zitat:
Der Rest der Welt blickt, wenn überhaupt, fassungslos nach Deutschland: Fast alle hätten gern das, was wir haben, es geht uns nämlich hervorragend. Und was tun wir? Ängste kultivieren.
Zitat Ende

Es geht da weniger um den Islam sondern auf die Jammerei wie schlecht es uns doch geht und wovor wie Deutschen alles Angst haben.

Natürlich kann immer der gut reden, dem es gut geht, der sein Auskommen hat. Es gibt in jeder Gesellschaft viele Menschen denen es nicht gut geht. Aber hier gibt es eindeutig viel weniger davon als im meisten Rest der Welt.
Das kann man auch mal würdigen.

Und... das kann man auch würdigen und trotzdem an den übrigen Misständen arbeiten.

„Norden“ (Pseudonym)

Nicht jeder der arm ist, hält sich auch für arm und nicht jeder der reich ist, hält sich auch für reich. Und Gefühl ist nun einmal abseits von jeder rationalen Definition.

Langsam geht die Absurdität dieser Diskussion ins Unermessliche. Das ist so als würde man über z.B. den Anteil blinder Menschen innerhalb der Bevölkerung sprechen und dann käme jemand mit dem Einwand: Ich komme über die Zahlen ins Grübeln, denn man sieht doch nur mit dem Herzen gut. Ich kenne Blinde, die mit ihrer Herzensgüte mehr sehen als jeder Sehende.



Bei der Bestimmtung von arm oder reich geht man vom mittleren monatlichen Nettoeinkommen aus.
Als arm gilt, wer über weniger als 60 Prozent davon, als reich gilt, wer über 200 Prozent davon verfügt.

Beispiel aus dem Jahr 2014:
Das mittlere monatliche Nettoeinkommen betrug 2014 in Deutschland 1528 Euro für einen Singlehaushalt und 3209 Euro für eine Familie mit zwei Kindern.
Die Armutsgrenze lag somit bei 917 bzw. 1926 Euro, die Reichtumsgrenze bei 2898 bzw. 6418 Euro Nettoeinkomen.

„Herdecke“ (Pseudonym)

Was hier glaub ich auch wichtig ist, ist der Unterschied von relativer und absoluter Armut.
Aber das ist noch mal ein eigenes Thema eigentlich ;)

€2898 ist alles andere als schlecht, das schonmal vorab.
Jedoch bereits von wirklich reich zu sprechen finde ich da schon wieder zu viel und unfair gegenüber Menschen, die dafür arbeiten

Viele Menschen haben durch sowas auch am Ende im Verhältnis weniger als eine vergleichbare Person die "nur" (nicht abwertend!) halbtags arbeitet, dafür aber mehr Netttogehalt behalten darf.
Es entscheiden sich tatsächlich immer mehr Menschen dafür. Kein Witz...
Weil viele das Gefühl haben, dass sich Arbeit durch so was nicht richtig lohnt, entscheiden sie sich halt für mehr Freizeit und mehr Netto letztendlich
(Das Verhältnus "Aufwand und Entschädigung" passt hier einfach besser)
Warum Ganztags mit größerem Aufwand und weniger Netto als halbtags mit mehr im Verhältnis.

Noch was anderes im Bezug zu "reich":

Ich selbst bekomme vom Staat zum Beispiel null Unterstüzung (Bafög), weil meine Eltern offenbar reich sind. (Wusste ich noch gar nicht)

Und hier kommt die Pointe, sie haben €1,63/Monat zu viel verdient und sind durch diesen massiven Überschuss offenbar in der Lage mir alles in den Allerwertesten zu schieben (nicht)

Folge: Meine Eltern müssen mir 194 € Monatsticket finanzieren, ich darf täglich mit den hier leider eher unzuverlässigen Öffis jeweils 2h hin und zurück pendeln und kann durch den Zeitaufwand leider auch selbst nicht arbeiten und bin extrem unflexibel noch dazu
(sogar soweit, dass ich einzelne Veranstaltungen gar nicht mehr Buchen kann und meine Studienzeit wohl in die Länge gezogen wird - unabhängig meiner Leistung).
Wenn ich zumindest etwas bekommen würde, könnte ich in der Nähe wohnen und hätte kein Problem damit nebenbei (viel) zu arbeiten.
Aber so ist es einfach nicht möglich und mir gibt man ja nicht mal die Chance dazu ;)

Echt ein Leben in Saus und Braus das Leben der Reichen nach Definition =P
Aber beschweren will ich mich gar nicht, denn im Verhältnis zu anderen geht es mir schon deutlich besser und das weiß ich auch (siehe ganz oben)
Stimme hier auch P.Neumann zu...

Mag ein Einzelfall sein, aber ein tolles Beispiel für die Bürokratie und die Problematik mit Steuerklassen und die nicht zwingend gegebene Gerechtigkeit dieser.

Sagen die deutlich stärker Linksgerichteten nicht immer sie wären gegen Klassengesellschaften, weil dies ungerecht sei?
Warum ist es dann bei der Besteuerung oder dem Einkommen plötzlich anders?
Nur kleiner Spaß am Rande ;)

Weitere Gründe warum ich ja auch ein Freund der Flat Tax bin ;)

Ich hab, nur um das mal zu betonen, überhaupt kein Problem damit, wenn jemand hier anderer Meinung ist und mein Geschreibe für völligen Unsinn erklärt. ;)
Dafür ist Demokratie ja auch da...
Es braucht immer beide Seiten um eine gute Lösung zu finden :)

„Schifferstadt“ (Pseudonym)

Wir haben das Thema relative und absolute Armut schon mal zu Beginn des Threads andiskutiert. Vielleicht doch mal zurückscrollen.

"Und hier kommt die Pointe, sie haben €1,63/Monat zu viel verdient und sind durch diesen massiven Überschuss offenbar in der Lage mir alles in den Allerwertesten zu schieben (nicht)". Wenn sich an der Berechnung von Bafög nichts wesentliches geändert hat, ist ziemlich irrelevant, das es genau 1,63€ sind. Würden deine Eltern nur unwesentlich weniger verdienen, würdest du auch nur anteilig Bafög kriegen z.B. ca. 10€. So wäre es bei mir ungefähr gewesen. Laufende Kosten der Eltern wie z.B. ein Hauskredit werden nicht angerechnet. Es zählt der eine Satz, auch wenn die Eltern das Geld gar nicht flüssig haben. Aber auch "Kapitalvermögen" der Eltern zählt nicht rein d.h. wer viel "Besitz" hat, aber wenig regelmäßiges Einkommen, dessen Kinder bekommen u.U. trotzdem Bafög, obwohl sie nicht bedürftig sind. Du weißt sicher, wie man das umgehen kann a la "jetzt nicht studieren, erst in 3 Jahren etc.". Ich habe letztendlich ganz ohne staatliche Förderung und mit viel Arschbacken zusammenkneifen studiert. Trotzdem geht's uns allen hier relativ gut, wenn man mal in Richtung der USA mit den Studiengebühren blickt. Aber Kinder der Arbeiterklasse haben es nicht so leicht bei der Studienförderung. Für Kinder der Oberschicht oder aus HartzIV ist es einfacher.

Das Verhältnus "Aufwand und Entschädigung" passt hier einfach besser vs. Wenn jemand das will und jede Faser in ihm danach schreit, dann ist es sein Weg.

Das ist übrigens beides richtig und absolut ein Mentalitätsding. Meine, Freizeit ist ja Zeit in der du machen kannst was du willst. Wenn deine Arbeit im Grunde auch das ist, was du machen willst, kannst du ungleich produktiver sein, als in einem ungeliebten angestellten Job. Man kann sich auf beide Mindsets etwas trainieren. Je nachdem was man vom Leben will. Mit dem ersten Mindset "reich" zu werden ist aber fast unmöglich.

„Schifferstadt“ (Pseudonym)

PS: Ich finde die "angeblichen" Grenzen zum "Reich sein" auch lächerlich. Das ist ein Einkommen, mit dem ein Alleinverdiener einer Familie mit 2 Kindern immer noch rechnen müßte. Würde er HartzIV beziehen, hätte er in Rhein Main nur ein paar hundert Euro weniger zur Verfügung. Die Grenze zeigt dadurch wie sie berechnet wird nur, wie "verarmt" ein Großteil der Bevölkerung eigentlich schon ist und wie gering unsere Löhne eigentlich inzwischen sind. Das, was hier die Grenze zum "Reich sein" ist, sollte das Durchschnittsgehalt eines ausgebildeten, langjährigen Arbeiters sein und nicht die "oberen 10%" abbilden.

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