Gemeine Personenbeschreibungen in Büchern
Forum für Dicke, Mollige und Übergewichtige

Medien & Showgeschäft

Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020

In deinem genannten Beispiel werden doch ganz tolle Stereotype genutzt.
Der unscheinbare, feige (auch noch dicke!) Bengel wird zum Helden! ^^

Genau das wurde hier 1a bedient.


Nein, eben ganz genau nicht - der Held (Bastian) ist als eigentliche, klassische Heldenfigur im Buch eben nicht dick, sondern in Phantasien heldenhaft schön, und erst in dieser Form traut er sich auch diese Heldenrolle zu - innerhalb dieser Rolle entwickelt er sich dann nach und nach zum Antihelden und Schurken, trotz aller äusserlichen Schönheit und Stärke (Bruch des Sterotyps dass gute Menschen auch schön sind). Sein Gegenspieler Atréju ist (anders als im Film) stark aber nicht wirklich schön und eher kantig und kühl (Bruch des klassischen Heldenstereotyps). Und er wird deshalb zum Held weil er seinen Freund verrät und nicht dadurch, dass er eine Prinzessin rettet oder einen Drachen tötet (erneuter Bruch von Stereotypen).
Bastians Stärken sind genau nicht die eines klassischen Helden (er ist nicht stark, schön und wagemutig, sondern verträumt, schwach und kreativ), das merkt er aber erst als er wieder in seinem dicken Körper ist.
Klischees werden genau nicht bedient sondern es wird sehr spielerisch und geschickt mit ihnen umgegangen, sie werden zum Teil komplett umgekehrt. Der Verräter wird zum Retter, der Hässliche zum Schönen aber nicht zum Guten, die Kaiserin ist über Strecken eine der schwächsten und mächtigsten Figur des Buches zugleich...

Natürlich muss jede Geschichte in sich schlüssig sein und bestimmten Regeln folgen, ob nun Fantasy oder Psychothriller - aber "Fitz" in "Für alle Fälle Fitz" ist z.B. auch komplett in sich schlüssig und ein dicker, weder äusserlich noch innerlich perfekter Frauenheld. 🤷‍♀️

Stereotypen sind sehr oft einfach faule Ausreden, da bleibe ich dabei.
Und dass man sich schwer tun wird etwas Neues zu schaffen, wenn man ständig dabei ist zu berechnen was bei den Lesern ankommen könnte auch.

[Gelöscht, hat Ms. Jenny besser beschrieben. ]

Eigentlich hat Miss Jenny das Gegenteil davon geschrieben was da stand - aber passt schon.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
[Gelöscht, hat Ms. Jenny besser beschrieben. ]

Ich habe gerade mal in mein Bücherregal geschielt, ob ich da noch andere Beispiele finde, dafür dass der Held kein stereotypischer sein muß:
- "Die Entdeckung der Langsamkeit" von Nadolny - Der Held ist langsam im Sprechen und Denken und doch wird gerade das zu seiner Stärke und erlaubt ihm Außergewöhnliches.
- "Willi Merkatz wird verlassen" - Ein 60jähriger Mann wird von seiner Frau verlassen, zerfließt im Selbstmitleid auf der Suche nach seiner Selbständigkeit und einer Erektion. (Auch kein klassischer Held. Aber ein interessanter.)
- Einiges von Bukowski - Mehr rotzender, kotzender Antiheld geht kaum
10.10.2020
@Miss Jenny

"Ich persönlich würde vor allem mal damit aufhören ständig darauf zu schielen was die Leser denken könnten oder wie dieses oder jenes ankommt."

Dann kann ich auch aufhören zu schreiben, wenns mich nicht interessiert, was meine Leser wollen.

In deinem genannten Beispiel werden doch ganz tolle Stereotype genutzt.
Der unscheinbare, feige (auch noch dicke!) Bengel wird zum Helden! ^^

Stereotype, Vorstellungen und Erwartungen können durchaus vielfältig genutzt werden.
Dabei kommt es natürlich auch auf den Rahmen der Story, des Genres, und die Zielgruppe an.
Genau das wurde hier 1a bedient.
Und nicht etwa das vollkommen 'andere, wertfreie, *egal, was die Mehrheit denkt*.

Zu dem Rest: Das ist Fantasy. Da regt sich bestimmt keiner über Fabelwesen auf, oder fragt sich, warum ein Drache fliegen kann obwohl er 6000kg wiegt^^
Auch hier nochmal: Es wurde der 'Mainstream' der Leserschaft bedient, wie es so schön heißt.

Eine gewisse Logik braucht es aber auch in Fantasyromanen. Du kannst auch da nicht einfach irgendwas schreiben und behaupten, alles muss einer Logik folgen. Sprich: schlüssig erklärt werden. Die Leser müssen sich schon mit den Figuren und der Story identifizieren können, sonst gibt es auch keinen Bestseller.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
was Leser als realistisch betrachten

könnte das für Leser ein Logikbruch sein

in den Köpfen der Mehrheit

worauf würden Leser das beziehen

für ihren Geschmack zu kurz geraten


Ich persönlich würde vor allem mal damit aufhören ständig darauf zu schielen was die Leser denken könnten oder wie dieses oder jenes ankommt. Ich glaube nicht dass diese Berechnungen aufgehen.

Ein kleiner, dicker Junge sperrt sich in einen Speicherraum ein und verbringt dann einige Jahre mit einem grünhäutigen Indianer auf dem Rücken eines fliegenden Drachen, erschafft eine neue Welt, danach kehrt er in den Speicherraum zurück und stellt fest: es nur eine Nacht vergangen.

Völlig unglaubwürdige Heldenfigur (zu kurz geraten, dick, blass, feige) - der eine beste Freund kann fliegen (fragt sich der Leser nicht wie ein 6000 kg schweres Tier fliegen kann?) und der andere beste Freund hat grüne Haut (was sagen da die jungen Mädchen dazu die das lesen, ist ja schrecklich unattraktiv: der eine dick und der andere grün) und am Ende als er zurück auf den Speicher zurückkehrt ist nur eine Nacht vergangen (wer glaubt denn diese Timeline?).

Das Buch stand über 113 Wochen auf dem ersten Platz der Spiegel-Bestsellerliste, wurde in 40 Sprachen übersetzt und ist ein Klassiker der Jugendliteratur. Und bevor der Einwand kommt: Ja, das ist ja auch eine Phantasiewelt - Literatur ist immer eine Phantasiewelt.
10.10.2020
@Avalyn.

Ja klar, sind das auch 120 Kilo.
Stellt sich nur die Frage, ob man den #AchtungStereotype# Muskelprotz vor seinem inneren Auge sieht, oder den Brummbär.

Wo wir auch wieder dabei wären, ob es für eine Geschichte nicht tatsächlich sinnvoll ist, zumindest eine grobe Beschreibung abzugeben.

Sonst hat man am Ende vielleicht eher einen Sachtext, statt einer Heldenreise, weil jegliche Atmosphäre der Neutralität geopfert wurde.

:-P
10.10.2020
@Miss Jenny

Jetzt verstehe ich, was du meinst.

"Und klar geht es darum eine böse Figur noch ein bisschen hassenswerter zu machen, indem man sie eben dick macht. Eine andere Funktion hat die ausführliche Beschreibung des Aussehens der Figuren nicht."

Das ist genau das, was mich momentan umtreibt. Du hast das wirklich treffend ausgedrückt.
Trifft genau ins Schwarze.

Mir ist wie gesagt klar, dass es immer gewisse Stereotypen geben wird, weil wir Menschen sie brauchen, um uns im Strudel des Lebens zurechtzufinden.

Nur möchte ich zukünftig etwas vorsichtiger sein, wie ich das umsetze. Bei manchen Dingen ist man automatisch sensibler, wenn man das heiße Eisen anfasst.

Und darum geht es mir. Etwas sensibler mit gängigen Vorurteilen zu sein, auch wenn es sich wahrscheinlich nie so ganz abstellen lässt.
10.10.2020
@ Donna Plus

"Es gibt keine PC Polizei, die einen verhaftet, wenn man Neger sagt oder schreibt, deshalb "darf" man es auch, ob es allerdings GUT ist, das ist eine andere Frage, da muss man sich dann Kritik gefallen lassen können."

Es gibt Foren, da darf man es nicht ausschreiben, ich wusste nicht, wie es hier gehandhabt wird.
Edit: und es gibt Verlage, die achten genau auf den Kontext, sonst fliegt der Begriff raus. Natürlich wird überall auf solche Dinge geachtet. Heute sind auch Bücher in vielerlei Hinsicht politisch korrekt.

" Übrigens habe ich noch von keinem Schwarzen gehört, dass er auf People of Color besteht oder wie es manche dann auch bewusst überspitzt sagten Menschen mit maximaler Hautpigmentierung, nur um den simplen und einfachen Wunsch nicht Neger genannt zu werden, was eine zweifelsfreie Konnotation mit sich bringt, ins Lächerliche zu ziehen."

Ich kenne auch keinen. Das heißt aber nicht, dass diese Begrifflichkeit deshalb keine Daseinsberechtigung hat.
Ich fasse das unter modernen Sparchgebrauch. Was ich persönlich davon halte, habe ich ja nicht offenbart, oder?

"Das wird nicht gehen, solange du selbst davon ausgehst, dass es ein passendes Bild gibt."

Da stimme ich dir zu. Erstmal muss ICH umdenken.

"Erst wenn du selbst deine Charaktere frei von Stereotypen wachsen lässt, werden stereotypfreie Charaktere von Lesern gelesen werden können."

Das wiederum glaube ich nicht. Ganz ohne wird ein Buch wohl nie auskommen.
Aber es ist möglich, einem Charakter nach und nach ganz eigene Stereotype zu zuordnen, die mit dem Standarddenken der Masse nur noch wenig zu tun haben.
Das macht man beim Schreiben ja auch, indem ein Prota zum Beispiel gewisse Gesten in gewissen Situationen macht oder einen sehr eigenen Sprachgebrauch hat oä.

Hierbei ist nur eben das Problem, was Leser als realistisch betrachten und was nicht.

Ein Beispiel, was ich meine:

Wenn mein dicker 165m größer Held 120 Kilo wiegt, und dem schlanken Schurken 3Km hinterherrennt, könnte das für Leser ein Logikbruch sein, obwohl es ganz sicher genügend dickere Menschen gibt, die wesentlich sportlicher als manch Schlanke sind.

Realistischer wäre also, mein Held fährt den Bösewicht mit dem Auto um, oder ich gebe einfach keine Gewichtsangabe an.
Hier müsste also getrickst werden, wenn ich nicht erzählen will: "TROTZ seiner Statur holte Albert den Flüchtigen drei Straßen weiter ein, und überwältigte ihn."
Einfach, weil das hinterherrennen in den Köpfen der Mehrheit unlogisch bis unmöglich wäre.
Dazu noch folgende Frage: Wenn ich in der Szene oben neutral erwähne, dass er schwer atmet, worauf würden Leser das im Zusammenhang mit seiner Statur beziehen?
Auf die Verfolgung zu Fuß, oder darauf, dass er dick ist?

(Seine Körpergröße wäre für viele übrigens schon ein weiteres NoGo. Zu klein, um ein Held zu sein. Und für viele Damen auch noch unsexy, weil er ihnen für ihren Geschmack zu kurz geraten wäre. Frauen wollen oft große Beschützer.)

Das meine ich hier im Tread mit Stereotypen und dass sie sich niemals ganz vermeiden lassen werden. Menschen haben Vorstellungen. Auch lesende Menschen, kleine Menschen, dicke Menschen, Schwule, Behinderte...

Diese Vorstellungen können sich verändern, (wie im Fall der Schwarzen, Homosexuellen usw) werden dann aber vermutlich einfach durch neue Vorstellungen 'von etwas' ersetzt.

Ich kann aber sicherlich mit der Wortwahl und gewissen Assoziationen sparsamer zu sein, oder sie teilweise umgehen. Zumindest kann ich aufhören, gewisse Stereotype extrem überspitzt einzusetzen um ein besonders negatives- oder positives- Bild zuerzeugen.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
Es geht beim nutzen von Stereotypen eigentlich überhaupt nicht darum, aus einer Person eine typische schlanke Zicke oder den faulen Dicken zu machen.
Jedenfalls nicht in guten Büchern.


Ich bezog mich auf diese Aussage, Asbru.

Nehmen wir Jugendbücher.

Harry Potter mit der Figur Dudley Dursley
Dick, verwöhnt, verzogen, gierig, faul, verfressen, ein Bully - eine klassische Stereotype in Kinderbüchern - der dicke, faule Bully.

Genau so eine Figur ist auch in Charlie und die Schokoladenfabrik bei Roald Dahl zu finden. Augustus Gloop: verwöhnt, verzogen, gierig, faul, verfressen, ein Bully.

In einem anderen Buch von Raold Dahl nämlich Matilda ist die böse Rektorin Miss Trunchbull groß, dick, gierig, faul, ein Bully - die Hauptfiguren, nämlich Matilda selbst und Miss Honey sind ihr körperliches Gegenteil.


Das sind alles drei tolle und "gute" Bücher, die ich liebe, die Autoren sind weltweit anerkannt - Stereotypen sind die Figuren ja dennoch. Und klar geht es darum eine böse Figur noch ein bisschen hassenswerter zu machen, indem man sie eben dick macht. Eine andere Funktion hat die ausführliche Beschreibung des Aussehens der Figuren nicht.
10.10.2020
@Avalyn

Mir ist vollkommen klar, dass dicke Menschen auch einfach bloß Menschen sind.
Ich fürchte, ich habe hier den Eindruck erweckt, Menschen vor allem auf ihr Äußeres runterzubrechen und sie ausschließlich irgendwelchen (erlernten) Standards zuordne.

Das tue ich nicht, ehrlich.
Aber ich muss halt zugeben, dass ich offenbar gewisse Vorstellungen habe, die teilweise ziemlich schlicht und eindimensional sind. Dumm, könnt mans auch nennen.

Ich freue mich aber, dass mir das immerhin selbst aufgefallen ist.

"und zweitens sind Bücher irgendwie old school. ;)"

Waaas?
Tztztzzz :-D

"Habe früher mal die Storys für Computerspiele geschrieben, die wir mit ein paar Leuten hobbymäßig umgesetzt haben. So etwas reizt mich wesentlich mehr, weil nicht nur gelesen wird: Der Konsument erlebt mit vielen Sinnen und beeinflußt die Geschichte. Falls dich so etwas interessiert: "Until dawn" und "Detroit become human" sind tolle Spiele aus erzähltechnischer Sicht. Findet man auch Videos zu bei Youtube."

Da schau ich später mal rein!
:-)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
Super Beitrag @Donna plus 👍
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
"Der Begriff Ne..r zu Beispiel, wird in Autoenforen und unter Lesern selbst dann immer wieder diskutiert, wenn er zum Genre und der gängigen Sprache damals passte.
Richtig heikel wird es, wenn people of color dann noch zusätzlich gewisse Vorurteile angehängt werden.
Hier ist dann vor allem der Kontext entscheidend dafür, ob der Begriff ein NoGo ist, oder verwand werden darf."


Es gibt keine PC Polizei, die einen verhaftet, wenn man Neger sagt oder schreibt, deshalb "darf" man es auch, ob es allerdings GUT ist, das ist eine andere Frage, da muss man sich dann Kritik gefallen lassen können. Übrigens habe ich noch von keinem Schwarzen gehört, dass er auf People of Color besteht oder wie es manche dann auch bewusst überspitzt sagten Menschen mit maximaler Hautpigmentierung, nur um den simplen und einfachen Wunsch nicht Neger genannt zu werden, was eine zweifelsfreie Konnotation mit sich bringt, ins Lächerliche zu ziehen.


"Deswegen überlege ich, wie ich zukünftig äußerliche Beschreibungen in Verbindung mit Charaktereigenschaften bringen kann, ohne dieses gängige Bild hervorzurufen, gleichzeitig jedoch das 'passende Bild' für meine Leser zu Formen."

Das wird nicht gehen, solange du selbst davon ausgehst, dass es ein passendes Bild gibt. Erst wenn du selbst deine Charaktere frei von Stereotypen wachsen lässt, werden stereotypfreie Charaktere von Lesern gelesen werden können.

Es ist ein wenig wie in Reinhard Meys "der Mörder ist immer der Gärtner" ...
10.10.2020
@ Miss Jenny

"Eine Stereotype ist eine Stereotype, das hat mit guten oder schlechten Büchern eigentlich nichts zu tun."

Ich habe leider keine Ahnung, was du mir damit sagen möchtest.

Fakt ist: Stereotype findest du in JEDEM Buch mal mehr, mal weniger ausgeprägt.

Falls du doch ein Buch kennst, dass ganz ohne Stereotype auskommt, verlink es mir gern.
Vielleicht kann ich daraus etwas wertvolles lernen.

Liebe Grüße
Asbru
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
@Asbru Auch wenn ich meine Meinung sage, wenn ich Dickendiskrimierung aktiv erlebe, oder wenn meine Meinung dazu in einem verwandten Thema gefragt ist, ziehe ich es persönlich vor das nicht zum zentralen Themen von etwas zu machen, mit dem ich mich beschäftige.

Für mich sind - Überraschung - Dicke einfach ganz normale Menschen. Nur einfach dick. Das lebe ich und vertrete ich. Das kannst du hier auch dem Forum entnehmen: Wir sind hier ein extrem heterogener Haufen, den im Prinzip im ersten Moment nur die Figur eint.

Man wird als Dicke schon oft genug auf die Figur oder Figurthemen reduziert, ich stehe da lieber für die Vielfalt dessen was Dicke auch können. Glaube, da könnte es für jemanden "Nicht Betroffenen" sogar einfacher sein bei einer Leserschaft mit dem Thema Gehör zu finden.

Ich finde das Schreiben interessant, aber erstens habe ich keine Ahnung von der Schreibtechnik ("Ich weiß was ich nicht weiß und würde deshalb herumstümpern") und zweitens sind Bücher irgendwie old school. ;) Habe früher mal die Storys für Computerspiele geschrieben, die wir mit ein paar Leuten hobbymäßig umgesetzt haben. So etwas reizt mich wesentlich mehr, weil nicht nur gelesen wird: Der Konsument erlebt mit vielen Sinnen und beeinflußt die Geschichte. Falls dich so etwas interessiert: "Until dawn" und "Detroit become human" sind tolle Spiele aus erzähltechnischer Sicht. Findet man auch Videos zu bei Youtube.
10.10.2020
@Avalyn

Vielleicht möchtest du ja einfach selbst ein solches Buch schreiben?

Schreiben ist einfach wundervoll und erweitert auf ungeahnte Weise den Horizont und die eigene Gefühlswelt.

Nur Mut.
Dann kannst du mir eine Leseprobe senden :-)
10.10.2020
@Inari.Kitsune

"Trotzdem fände ich es schön, mal ein Buch zu lesen, was den Stereotypen entgegen steht.
Noch lieber tatsächlich im Bereich der Jugendliteratur."

Ich kann deinen Wunsch wirklich gut verstehen. Das Problem ist nur: ein Buch, mit dem sich die Mehrheit nicht identifizieren kann, wird auch nicht gelesen. Auch unter Jugendlichen nicht.
Ich habe unteranderem ein Jugendbuch mit zwei Heldinnen geschrieben. Das kam super an! Allerdings bei Erwachsenen Frauen.^^
Die jungen Leserinnen fanden Frauen in so einer Roller eher seltsam. Die Jungs wollen männliche Vorbilder. Tja.

Das alles ist tatsächlich ein Dilemma, sogar in sehr speziellen Spaten. Auch da will die spezielle Leserschaft natürlich befriedigt werden, vor allem aber in ihren Vorstellungen bestätigt werden.

Natürlich lassen sich Leser auch darauf ein, einen Standpunkt aus einem gänzlich anderen Blickwinkel zu betrachten und zu reflektieren. Das passiert aber in der Regel nur im Kleinen - zumindest bei Romanen - und muss gerade dann mit guten Vergleichen zu Situationen geschehen, mit denen sich der Leser wiederum selbst identifizieren kann.

"Ich habe übrigens gar nichts dagegen, wenn Charaktere kaum körperlich beschrieben werden oder nur vage. Das lässt nämlich Raum für Phantasie."

Dazu bin ich auch immer mehr übergegangen und habe festgestellt, dass das in meinem Genre auch kein großes Problem darstellt.

In manchen Szenen nutze ich Äußerlichkeiten aber eben doch, wie oben beschrieben (schäm)
Meistens, weil der Charakter, der über so eine Person erzählt, ein ziemlich loses Mundwerk hat.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
@Asbru Falls du das realisierst, würde ich mich Leseprobe freuen. Würde mich interessieren, wie du das umsetzt. :)

Viel Erfolg für deine Buchprojekte!
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
Ja, mir ist schon klar, dass es nicht einfach ist, am Wandel beteiligt zu sein oder etwas anders zu machen als die anderen.
Da setzt man sich nämlich der Kritik und der Diskriminierung aus.

Ich habe übrigens gar nichts dagegen, wenn Charaktere kaum körperlich beschrieben werden oder nur vage. Das lässt nämlich Raum für Phantasie.
Trotzdem fände ich es schön, mal ein Buch zu lesen, was den Stereotypen entgegen steht.
Noch lieber tatsächlich im Bereich der Jugendliteratur.

J.K. Rowling hat sich ja selbst zur persona non grata entwickelt. Und natürlich, sie reproduziert Stereotypen am laufenden Band. Der Held, der keiner sein will; das schlaue Mädchen, das eigentlich viel cooler ist, aber nie aus dem Schatten ihrer männlichen Costars heraus tritt; schrullige Alte Menschen. Es macht Sinn. Stereotype haben Wiedererkennungswert.
Trotzdem ist die kritische Auseinandersetzung damit unerlässlich.
10.10.2020
@Avalyn

Danke für deine tollen Anregungen :-)


"- Du könntest mit dem Schubladendenken der Leser bewußt spielen, so dass der Leser hinterher zurückbleibt á la "DAS hätte ich jetzt nicht erwartet". In einem entscheidenden Moment, so dass der Leser dein Buch als etwas besonderes empfindet."

Dafür werden meine Bücher regelmäßig von Teilen der Leserschaft zerrissen. 'Das ist doch total unlogisch, dass DER SOWAS macht.'
Beliebt ist auch, dass Krieger 'nichts tiefsinniges fühlen dürfen.' Pfff :-D
Zum Glück lesen sie meistens trotzdem Tapfer weiter :-P

" - Du könntest z.B. bewußt - das geht natürlich nur für gewisse Rollen - mit einer gewissen "Gestaltlosigkeit" anfangen (Beispiel: Der bis jetzt nicht identifizierte, aber gesuchte Serienkiller). Dieser Serienkiller tritt nur in Form seiner Gedanken auf, in denen er seine Figur nicht thematisiert. Im Laufe der Gesichte könnte etwas Nicht-Stereotypes entscheidend zur Entwicklung des Plots beitragen."

Das gefällt mir besonders gut und käme sogar für ein zukünftiges Projekt in Frage :-)
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
Meine spontanen Ideen dazu:

- Du könntest z.B. bewußt - das geht natürlich nur für gewisse Rollen - mit einer gewissen "Gestaltlosigkeit" anfangen (Beispiel: Der bis jetzt nicht identifizierte, aber gesuchte Serienkiller). Dieser Serienkiller tritt nur in Form seiner Gedanken auf, in denen er seine Figur nicht thematisiert. Im Laufe der Gesichte könnte etwas Nicht-Stereotypes entscheidend zur Entwicklung des Plots beitragen.

- Du könntest mit dem Schubladendenken der Leser bewußt spielen, so dass der Leser hinterher zurückbleibt á la "DAS hätte ich jetzt nicht erwartet". In einem entscheidenden Moment, so dass der Leser dein Buch als etwas besonderes empfindet.

- Du könntest mehrere Charaktere "gleicher Art" mit unterschiedlichen Figuren beschreiben. (Das ist wahrscheinlich der einfachste Weg.)

- Du könntest einen Charakter besonders nah und zart zeichnen, so dass der Leser fast keine andere Wahl hat als ihn - Figur hin oder her - zu mögen. Schwarze spielen heute ja auch alle Rollen, oder? Schau dir an, wie die Literatur da vorgegangen ist, um Bücher jenseits der Stereotype zu akzeptieren.

- Die Figur könnte Teil einer Metamorphose der Figur sein, die nicht gängigen Stereotypen entspricht, aber den Leser anspricht a la "Das könnte ich sein".

- Du könntest Themen, die gesellschaftlich positiv besetzt sind (z.B. das Thema Diät) negativ in die Geschichte einbringen und dabei die inneren Kämpfe von Dicken thematisieren ("Der Serienkiller, der durch externen Psychoterror der Illusion erlegen ist, nur mit einer Diät aus Menschenfleisch sein Gewicht halten zu können") .

Bin sicher, du findest Ansätze. Sich die richtigen Fragen zu stellen, ist ja der Anfang von allem.
10.10.2020
Hallo Inari.Kitsune

"Deiner Lektorin wünsche ich übrigens, dass ihr mal ein innovatives, aufgewecktes Buch präsentiert wird, in dem die Charaktere eben mal ganz anders menschlich sind. Vielleicht schreibst du es ja.
Viel Erfolg dabei!"

Nimm dir mal ein Buch, dem du diese Eigenschaften zuschreibst und lies es ganz bewusst mit dem Hintergedanken der Stereotype.

Du wirst dich wahrscheinlich wundern.

Mit der Diskriminierung gebe ich dir recht. Leider entscheidet die Masse, was diskriminiert werden darf. Dicke gehören offenbar (noch) dazu.

Ein gutes Beispiel, wie anerkannt solche Stereotype sind ist übrigens Harry Potter.
Dort wird sogar ein Kind wie ganz selbstverständlich in derartige Vorurteile verpackt. Nämlich Harry's Cousin.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
@Asbru

Eine Stereotype ist eine Stereotype, das hat mit guten oder schlechten Büchern eigentlich nichts zu tun.
10.10.2020
@Avalyn

Die Meinung ist: Man schreibt, was die Mehrheit lesen will.

Und, tadaaa: Die Mehrheit steht tatsächlich auf Stereotype. Je nach Genre nicht zu platte natürlich. Aber es ist schon so, dass viele Leser sich damit durchaus wohlfühlen, weil sie sich beim Lesen entspannen wollen, statt ständig geistreich vollgefaselt zu werden.

Dementsprechend werden Stereotype so lange bedient, bis sie ausgedient haben.
10.10.2020
Hallo miss Jenny.

Es geht beim nutzen von Stereotypen eigentlich überhaupt nicht darum, aus einer Person eine typische schlanke Zicke oder den faulen Dicken zu machen.
Jedenfalls nicht in guten Büchern.

Man baut eher hier und dort einzelne kleine Stereotype ein, und überlässt den Rest den Gedanken des Lesers.

Das macht es aber eigentlich nicht besser, wenn man bedenkt, WAS sich die Leser dann denken. Die meisten spinnen die Kleinen Stereotypen nämlich automatisch zur Vollversion der typischen salatfutternden, Schlanken.
Das ist so, deswegen wird dir das auch in jedem Schreibseminar beigebracht.

Ein Dilemma, würde ich sagen.

Deswegen überlege ich, wie ich zukünftig äußerliche Beschreibungen in Verbindung mit Charaktereigenschaften bringen kann, ohne dieses gängige Bild hervorzurufen, gleichzeitig jedoch das 'passende Bild' für meine Leser zu Formen.
Neutral geht's eigentlich kaum, denn eine Geschichte lebt von Gedanken, Emotionen und- ja- auch von Vertrauten sterotypen.

Das Gehirn möchte am liebsten alles in vertraute Kisten ordnen.
Gar nicht so einfach alles, sag ich euch.
Erstellt von einem Mann oder einer Frau
10.10.2020
Hallo Asbru,

wie ist denn die Meinung unter Autoren dazu, wenn sie so eindeutig ist?