
„Werne“ (Anonymer Beitrag)
Zitat aus dem anderen Beitrag aus dem Bereich Gesundheit:
"Vielleicht brauchen wir hier auch mal einen anonymen Austauschtread: Bariatrische OP 2 Jahre+: War es das wert? 2 Jahre, weil viele dann ja wieder dick sind, weil sich der Magen wieder gedehnt hat.
Ich würde so eine OP NIE NIE NIE machen, ohne begleitende Ernährungs- und Psychotherapie."
Zitat Ende.
Ich hoffe, dass es ok ist, dass ich das mal übernehme und mich gern zur Verfügung stelle um von meinen OP-Erfahrungen zu berichten.
Ich habe mich nach jahrelangem Zögern und innerer Verweigerung im Jahr 2021 doch zur OP entschieden. Es gab ein Schlüsselerlebnis für mich. Das war im Jahr 2019. Mein Mann und ich waren für eine kurze Reise nach Nürnberg gefahren. Es war unfassbar heiß in diesem Juni. In diesen Tagen habe ich erkannt, dass mein Körper am absoluten Limit ist. Nichts ging mehr. Game over. Im wahrsten Sinn des Wortes. Mein Mann, der immer sehr lieb diesbezüglich zu mir ist, meine: "Na ja, sowas machen wir dann in Zukunft nicht mehr. Du musst dich ja so quälen." Rums, das hatte gesessen. Er hatte zu 100% recht. Mit mir konnte und brauchte man sowas nicht mehr machen. Ich war fix und alle. Habe viel geweint in dieser Zeit. Wusste aber, dass es stimmte. Mein Körper konnte kaum mehr 200 m am Stück laufen. Dann musste ich mich setzen und ausruhen. Mir tat immer alles weh. Ich hatte dauerhaft unerklärliche Körperschmerzen. Kein Tag ohne enorme Mengen an Ibuprofen.
Ich wollte keine OP. Auf keinen Fall. Ich war zufällig eingebettet in einen Kollegenkreis wo schon etliche Kollegen die OP haben machen lassen. Ich hab ihnen beim Abnehmen zugesehen und sie beneidet. Keiner hatte Probleme. Alle haben schön abgenommen und man merkte sichtbar, wieviel Lebensqualität sie wieder gewonnen haben. Und dennoch war ich jahrelang nicht von der OP zu überzeugen.
Aber es ging rapide bergab mit mir und meinem Wohlbefinden. So kam es dann doch, wie es kommen musste. (wahrscheinlich) Im Oktober 2021 fand die OP statt. Ich habe einen Schlauchmagen erhalten und seit Prozessbeginn ca. 80 kg abgenommen.
Es war die beste Entscheidung meines Lebens. Ich wäre wirklich so ehrlich auch die negativen Seiten zu berichten. Aber in meinem Fall gibt es keine. Ich habe die OP super gut weggesteckt. Konnte 3 Wochen später wieder arbeiten. Ja, ich hatte enormen Haarausfall nach der OP. Habe ca. die Hälfte meiner Haare verloren. Aber die sind längst alle wieder da. Ja, ich muss täglich Vitamine nehmen, aber da ich mein Blutbild regelmäßig kontrollieren lasse, weiß ich inzwischen, dass ich längst nicht so viel einnehmen muss, wie oft von den Kliniken suggeriert wird. Außerdem reichen die Vitamine, die man in der Drogerie bekommt. Da muss man nicht das teure Zeug nehmen, was die Kliniken empfehlen.
Mir hat die OP unerwartet weitere schöne Geschenke mitgebracht. Ich hatte Migräne seit Kindertagen. Seit der OP ist sie weg. Ich hatte seit 3,5 Jahren keine Migräne mehr. Ich hab nicht mal mehr normale Kopfschmerzen. Die haben mich gefühlt mein Leben lang gequält. Von mindestens 800 mg Ibuprofen am Tag auf 0 runter. Ich benötige keine Schmerzmittel mehr. Mein restless Leg-Syndrom ist auch fast weg. Wieviele Nächte hat mich das gekostet. Heute tritt es nur noch ausgesprochen selten und allenfalls mal in einer Nacht ein ganz klein wenig auf.
Ich schnarche kaum mehr. Sehr zur Freude meines Mannes. Ich kann wieder auf dem Rücken schlafen. Und was für mich das allerbeste überhaupt ist: ich kann wieder laufen/gehen. Ich kann stundenlang gehen. Einfach nur durch die Gegend laufen, ohne mich setzen zu müssen. Ohne zu wissen, wann die nächste Bank kommt. Das ist ein besonders Glücksgefühl für mich.
Ich gehe 2 mal die Woche ins Fitnessstudio. Dort stelle ich mich zu Beginn immer erstmal eine Stunde aufs Laufband. Nur für meinen Kopf. Für das Gefühl, dass ich wieder gehen kann. Das ist unbeschreiblich.
Hätte ich die OP nicht gemacht, liefe ich heute sicher bereits am Rollator oder wäre beinahe immobil.
Ich hätte mich niemals von irgendwem überreden lassen. Nicht von Ärzten, nicht von bereits Operierten. Ich war von niemandem zu überzeugen. Bis der Tag kam, wo ich für mich selber keinen anderen Ausweg mehr wusste.
Ich ärgere mich heute manchmal, dass ich zu lange gezögert habe. Andererseits bin ich auch froh, dass es inzwischen in den Kliniken durchaus eine gewisse Routine gibt. Die OP´s verlaufen in der Regel gut und nur wenige Menschen habe echte Probleme nach er OP.
Ohne vorherige Ernährungsberatung und einem psychologischen Gutachten gibts die OP in DE auf Kosten der Krankenkasse übrigens nicht. Das muss jeder durchlaufen, der auf Kosten der Kasse operiert werden will. Auch ein Bewegungstagebuch muss geführt werden. Je nach vorhandenen körperlichen Möglichkeiten natürlich. Wer Fragen hat, kann sie mir gern stellen.
Übrigens: ja, der Magen kann sich wieder dehnen. Ist ja ein Muskel. Aber so schnell geht das nicht. Da müsste man schon sehr schmerzbefreit ständig gegen ein extrem ungutes Gefühl im Magen an-essen. Ich kriege zum Beispiel echte Magenprobleme, wenn ich es übertreibe. Die OP zwingt mich dann quasi dazu aufzuhören. Es wird echt unangenehm. Ich weiß nicht wie man gestrickt sein muss, um dieses Gefühl zu ignorieren. Ich kann das auf jeden Fall nicht. Einschränkungen beim Essen hab ich keine. Ich kann alles essen. Nur eben von allem deutlich weniger. Aber das ist nicht schlimm. Satt ist satt. Ob ich nun ein halbes Schnitzel oder ein Ganzes gegessen habe, spielt doch keine Rolle. Wenn ich voll bin und gut gegessen habe, dann spielt die Menge ja keine Rolle. Satt ist satt. So gehts jedenfalls mir damit. Mein Mann und ich gehen oft ins Restaurant und jeden Freitag ist "gönn dir Tag" bei uns. Da schlagen wir auch mal über die Stränge.
Also essensmäßig kann ich weiter gut und lecker essen. Ja, die Mengen sind komplett anders und man sucht sich ggf. auch immer ein Essen aus, wo man den Rest gut einpacken lassen kann. Aber ich muss mich da nicht sonderlich einschränken.
Für mich war es die absolut richtige Entscheidung. Wer sich dagegen entscheidet, hat selbstverständlich jedes Recht dazu. Glaubt mir, ich kenne eure Gefühle und Vorurteile. Ich hatte sie selber lange und dachte nie, dass sie je über Bord werfen könnte. Ich stelle das Thema anonym hier ein zu eurem Schutz. Aber ich bin die Tuppi Schleife.
Habt ein schönes Wochenende.

„Dülmen“ (Anonymer Beitrag)
Ich freue mich sehr für dich. Das ist eine wunderschöne, lebensverändernde Erfahrung, die dir keiner nehmen kann. Und ich wünsche dir, dass es lange so bleibt.
Zugleich möchte ich aber bitten zu bedenken, dass das eine Situation war, für die die OPs wirklich gedacht sind: nämlich wenn es keinen anderen Ausweg gibt. Die Situation sehe ich bei der TE im Parallelthread nicht.
Und, wenn du von "Vorurteilen" sprichst, damit aber eigentlich Ängste und Bedenken meinst, entwertest du nicht nur die Gefühle und Gedanken anderer, sondern auch deine eigenen vor der OP. Du weißt, dass es nicht immer so gut ausgeht, dass Menschen auch anderes durchleben, als den Idealfall bei dir? Dass das nicht daran liegt, dass sie alles falsch gemacht und du alles richtig, sondern daran, dass jeder Körper anders und auch jede psychische Verfassung anders ist?
Mich erstaunt die Extreme. Ich würde keine OP ausschießen, ich weiß nicht, was noch kommt, aber ich würde auch nicht zurückblicken und so tun, als sei mein Zögern unbegründet und albern gewesen, nur weil ich das Glück und die Voraussetzungen hatte, dass bei mir alles gut ging.

„Korbach“ (Anonymer Beitrag)
Werne, danke für deinen offenen Beitrag. Ich hoffe, dass sich noch mehr trauen von ihren Erfahrungen zu berichten ohne sich dann von Dülmen "belehren" lassen zu müssen. Natürlich ist jeder anders (Wundheilung, Immunsystem, Schmerzempfinden, psychische Verfassung/Gesundheit...usw) und auch aus unterschiedlichen Gründen dick.
Und ich finde es gut, dass Rubensfan jetzt endlich auch Themen rund um Gewichtsreduzierung zulässt.
Mir wurde auch schon mehrfach die OP empfohlen und bis dato habe ich es für mich komplett ausgeschlossen, einen gesunden Magen "verkrüppeln" zu lassen. Vor der OP selber habe ich keine Angst, aber vor den Begleiterscheinungen wie Haarausfall, Hautüberschuss und lebenslanger Nahrungsergänzung. Ich habe 2 Damen im Bekanntenkreis, die die bariatrische OP nahezu komplikationslos hinter sich gebracht haben. Und ich beäuge sie kritisch und nicht neidlos.
Ich kenne aber auch 3 Damen, die sich mit dem Leben nach OP nicht so wirklich arrangieren können. Denn die Hoffnung : "Wenn du schlanker bist ist alles gut und du bist glücklich" ist nicht aufgegangen. Vorhandene psychische Probleme bleiben ja im erschlankten Menschen bestehen.
Ich denke es ist sinnvoll, derartige OP s nicht erst machen zu lassen, wenn der Allgemeinzustand dramatisch schlecht ist, sondern schon etwas früher. Präventiv. Um Spätschäden zu vermeiden.
Ich werde hier interessiert mitlesen und hoffe auf noch mehr Erfahrungsberichte.

„Werne“ (Anonymer Beitrag)
Natürlich weiß ich, dass es Menschen gibt, die Probleme haben. Ich muss nur sagen, dass ich davon keinen persönlich kenne. Und der Zufall will es, dass ich wirklich inzwischen viele Operierte kenne. Ich glaube, das kommt auch daher, dass ich neben einigen operierten Arbeitskollegen auch in vielen entsprechenden Gruppen im Internet aktiv bin.
Ich weiß nicht, wie ich noch persönlicher schreiben kann ohne, dass jemand sich berufen fühlt, zu belehren. Aber ich find das auch nicht schlimm. Das Thema ist nun mal kontrovers. Dessen bin ich mir bewusst und, dass ggf. nicht nur nette Kommentare kommen, war mir durchaus klar. Aber ich stelle mich dem gern.
Mir war einfach wichtig, mal meine Erfahrung damit zu erzählen. Ich spreche übrigens niemandem seine Sorgen und Ängste ab. Ich hoffe es ist ausreichend rübergekommen, dass ich selber viele Ängste hatte. Und auch viele Vorurteile. So dachte ich zum Beispiel wirklich lange, dass das Abnehmen mit der OP doch keine Kunst sei. Das wäre ja mehr oder weniger ein Selbstläufer. Da müsse niemand besonders stolz auf seine Leistung sein. Mit meinem heutigen Wissen weiß ich, dass dies eine komplette Fehleinschätzung meinerseits war. Aber ich wusste es eben nicht besser, ehe ich nicht selber diesen Weg gegangen bin.
Ich weiß übrigens nicht, ob es für mich noch einen anderen Weg gegeben hätte. Ich selber hab nur keinen anderen Weg mehr für mich gesehen. Ich denke, das ist ein Unterschied. Letztendlich finde ich alle Wege legitim, die dazu führen, dass Menschen, die ihr Gewicht loswerden wollen, Hilfe erhalten. Egal ob das die OP ist, WW oder die Spritze. Ich verurteile da keine Möglichkeit. Jeder sollte seinen Weg finden. Unabhängig davon, ob das ggf. auch der Weg der Anderen wäre.

„Liestal“ (Anonymer Beitrag)
Hallöchen in die Gruppe.
Ich habe 2007 einen Bypass bekommen.
Ich will jetzt gar nicht ins Detail gehen, aber was mir auffällt ist, dass im Netz fast nur die erfolgreichen Operierten schreiben. Die OP "Versager" kaum.
Das wurde mir auch schon von einer Chirurgin bestätigt.
Ebenso, dass mehr als die Hälfte aller Operierten wieder zunehmen. In welchem Maß ist unterschiedlich.
Ich z.B. kam von ca 155kg. Ich habe es nie unter 100 geschafft. Lange Zeit habe ich ein Gewicht von um die 110kg halten können. Bis es dann kontinuierlich auf über 130 kg stieg. Da ich dann auch mittlerweile die 50 überschritten hatte und bereits Arthrose habe, wurden die 130 kg unerträglich.
Ich habe dann mit striktem tracken (Yazio) erst 10 kg abgenommen, dann habe ich mir Hilfe in Form von Saxenda gekauft und damit plus weiteres tracken auf unter 110 kg abgenommen.
Im Moment "gönne" ich mir Mounjaro und bin zur Zeit bei 102 kg. Ich finde es soooo unglaublich entspannt mit dem Medikament nicht mehr dieses Gedanken Karussell zu fahren, was esse ich als nächstes. Food noise, nennt man das wohl.
Allerdings habe ich Sorge wie es ohne dem weiter gehen kann.