
Das Thema ist für etliche Menschen hier offensichtlich akut und auch nicht einfach zu bewältigen - seelisch, finanziell, organisatorisch.
Deshalb ist ein eigener Thread dafür eventuell sinnvoll. Um zu zeigen, wie man selbst damit umgeht, um Tipps zu geben, vielleicht zu unterstützen oder auf Konflikte hinzuweisen.
Jedenfalls ist es ein Thema, das gerade für Kind - Eltern - Verhältnisse sehr viel Konfliktpotenzial birgt, aber auch die Reflexion der eigenen Position erfordert. Manchmal braucht man den Blick eines Außenstehenden, um sich in der Gemengelage wiederzufinden.
Ich bitte um Behutsamkeit und freundliche Formulierungen - wir sind nur verletzliche Menschen.

Gutes Thema.
Da gibt es viele Aspekte, innere emotionale Ansprüche/ Grenzen, faktisch reale Möglichkeiten und finanzielle Unterstützungen bis hin zu bürokratischen Fallstricke...

Eigentlich hatte ich etwas zur Threaderöffnung geschrieben - komischerweise ist es weg🤔
Ich denke, das Thema spricht viele Menschen hier an bzw. geht viele an. Und es bringt seelische, finanzielle und organisatorische Probleme und Konflikte mit sich, die man auf eigene Faust nur sehr schwer bewältigen kann.
Wenn ihr euch hier austauscht, berücksichtigt bitte, dass wir oft sehr sensibel und vulnerabel sind, wenn es gerade Eltern-Kind-Beziehungen betrifft und ungeahnte Traumata antriggert.
Also seid bitte behutsam miteinander und sparsam, was „einfache“ Ansätze als Ratschläge angeht.

Hallo, hier hat noch niemand etwas zur Überschrift geschrieben. Meine Eltern sind beide 87 Jahre alt. Meine Mutter hat zwar auch ihre Krankheiten und Schmerzen, ist aber noch relativ fit. Mein Vater ist wirklich schwer krank und seit einigen Wochen noch schwer dement. Quasi über Nacht. Die Tragödie fing im Mai dieses Jahres an. Bis dahin war mein Vater zwei schwer krank, aber relativ stabil. Seitdem ist klar, dass er wirklich nicht mehr sehr lange leben kann. Das hat mich ganz schön aus der Bahn geworfen. Mehr, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Die Auseinandersetzung mit dem Tod meiner Eltern, mit ihrem Leid, hat vieles in mir aufgewühlt und ich habe auch vieles gelernt. Das Ganze hat mich aber so aus der Bahn geworfen, dass ich gut daran getan hätte, mir psychologische Hilfe zu suchen. So wurde die ganze Situation durch meine persönlichen Probleme noch viel schwieriger für uns alle. Vor allem konnte ich auch gar nicht in dem Maße für meine Eltern da sein, wie ich es gerne gewesen wäre und wäre.
Auch habe ich festgestellt, dass viele Hilfen von außen nur auf dem Papier existieren. So habe ich bis heute keinen Pflegedienst für meine Mutter gefunden, da nicht ausreichend Personal vorhanden ist. Für meinen Vater habe ich zwar einen Pflegedienst gefunden, allerdings hat er nicht genug Kapazität um die Pflege auszuweiten. Außerdem habe ich bezüglich meines Vaters nach Palliativ Pflege gefragt. Auch hier ist es schwierig diese zu bekommen. Außerdem ist der Umfang der Palliativ Pflege viel geringer als gedacht.
Für mich persönlich habe ich bei einem Hospizverein angefragt. Die Mitarbeiter dort arbeiten ehrenamtlich und haben so nur einmal im Monat 1 Stunde Zeit. Für meine Mutter habe ich mich auch nach einer 24 Stunden Pflege umgehört. Die kostet aber zwischen 3000 und 3800 euro im Monat. Meine Mutter hat einige Ersparnisse und könnte sich eine solche Pflege für eine gewisse Zeit leisten. Allerdings hat sie ihr Leben lang für dieses Geld auf vieles verzichten, so dass es ihr sehr schwer fällt. Nun das ganze Geld innerhalb kurzer Zeit auszugeben. auch habe ich schon öfters über Anzeigen nach Hilfe gesucht. Es melden sich zwar immer viele Leute, aber zu den Vorstellungsgesprächen taucht nur ein Teil davon auf. Vereinbart man dann einen Termin zum Probearbeiten, dann kommen viele auch nicht. Zum Glück haben wir aber immerhin eine nette Frau gefunden, die nun meine Mutter im Haushalt unterstützt und ihr auch Gesellschaft leistet.
Leider werde ich auch durch die Ärzte meine Eltern kaum unterstützt. Ich habe schon öfters gefragt, auf was ich mich denn einstellen muss. Aber wirklich Auskunft habe ich nicht bekommen. Auch beim Pflegedienst habe ich diesbezüglich schon angefragt. Außerdem macht die Ärztin meines Vaters, sehr ungern Hausbesuche und lehnt diese oft ab. Kommt also einfach gar nicht.
Was gibt es gutes zu berichten? Die Mitarbeiter des Pflegedienste sind relativ freundlich und wirklich bemüht, meinem Vater zu helfen. Die Dame vom Pflegestützpunkt hat sich wirklich einmal 2 Stunden für mich Zeit genommen und mich angehört und beraten. Die Pflegekassen haben die beantragten Pflegestufen meiner Eltern bewilligt und zahlen für die Pflege meines Vaters und meiner Mutter. Momentan reicht das Geld der Pflegekasse hierfür noch gut aus.

Leider wird man dabei ziemlich alleine gelassen und die Versicherungen machen die Pflege auch nicht einfacher.
Als erstes hole dir Hilfe bei einem Sozialverband , dann gibt es noch Senioenvereine usw . Stell dich breit auf ,man benötigt oft schon beim Antrag für die Pflegestufe Hilfe, denn oft wird nur Stufe 1 oder2 vergeben obwohl schon höher möglich ist.
Beim Amt gibt es eine Abteilung die bei Pflegefälle hilft und auch berät. Pflege direkt bei Firmen ist schwierig, aber da immer wieder Anfragen, Malteser, Rotes Kreuz oder Diakonie mit ins Boot holen oft können sie Pflege vermitteln.

@Annette
Falls du das noch nicht bist, dann würde ich dir zu einer Mitgliedschaft im VdK raten. Das kostet nicht die Welt und du kannst dich dann dort unabhängig beraten lassen (unabhängiger als beim Pflegestützpunkt die leider nicht immer alle und die richtigen Infos rausgeben), du bekommst im Zweifel dort auch Rechtsbeistand, wenn das nötig ist.
Alles Gute für dich und deine Eltern.

Ich arbeite in dem Bereich (bin aber keine Pflegefachkraft) und kann gerade den Angehörigen nur immer wieder sehr empfehlen:
- auf die eigene Gesundheit zu achten; man neigt dazu sich zu viel zu zumuten
- und in nahen Bereichen einer Uni oder FH Studierende (soziale Arbeit oä) als stundenweise Entlastung zu suchen, gegen Bezahlung. Gerade am Wochenende oder abends eine Entlastung und die zu pflegende Person bekommt ebenfalls neue Impulse.

„Neu-Ulm“ (Pseudonym)
Annette, ich wünsche dir ganz viel Kraft. Ganz gleich wie viel euch geholfen wird, es ist ein Abschied auf Raten.
Kein Geld der Welt kann das ändern.
Für mich ist die spürbare Endlichkeit unseres Daseins das größte Problem.
Jeden Tag geht ein Stück Lebensenergie und Qualität verloren. Als Angehöriger steht man hilflos daneben. Letzte Wünsche kann man vielleicht erfüllen .... .
Schöne Momente einfangen hilft auch.
Zeit ist kostbar und je weniger man davon hat um so wichtiger wird sie.
Viel Glück...

Mir hat ein angebotener Pflegekurs sehr geholfen. Es ist wichtig, umfangreiche Informationen einzuholen über die Hilfen, die man bekommen kann, wie man den Tagesablauf gestalten kann, Pflegetagebuch führt, die eigenen Bedürfnisse unbedingt berücksichtigt, adäquat mit der zu pflegenden Person umgeht.

Hallo, lieben Dank für eure Antworten. Es ist schon eine Weile her und ist viel passiert. Einiges hat sich zum Glück nun gebessert. Wahrscheinlich auch, weil ich ihm die ganze Situation etwas hinein gewachsen bin.
Was ich rückblickend, hätte besser machen können:
Mich besser informieren, Bücher lesen
Kurse besuchen, wie mir auch hier empfohlen worden ist
Besser darauf zu achten, dass es mir gut geht. Denn man kann nur geben, wenn man hat.
Leider habe ich erst vor kurzem ein Buch über Demenz gelesen, indem viele Beispiele genannt worden sind. Hier habe ich meine Mutter sehr häufig erkannt. Ich wusste schon, dass sie Demenz hat aber mir war die Dimension nicht klar und habe lange versucht mit ihr über die Vernunft weiter zu kommen statt mit dem Gefühl.
Allerdings ist es, wenn es einem selber nicht so gut geht und man ihm Stress ist nicht so leicht auf die Gefühlsebene zu kommen. Hierzu muss es mir gut gehen und ich muss entspannt sein.

„Minden-Lübbecke“ (Pseudonym)
@Annette
Kann mich sehr gut in Deine Situation hinein versetzen. Nur wer selbst gesund und stabil ist, kann die Pflege der Angehörigen schaffen.
Mein Vater war schwer Demenzkrank und als es anfing, wurde uns im Krankenhaus gesagt, dass er die nächsten Tage nicht überleben wird. Mit der Diagnose fängt es ja schon an, dass man schockiert ist.
Dann kam er in Kurzzeitpflege, damit wir entscheiden konnten, nach Hause oder ins Heim.
Da wir aber auch ins Heim 3x täglich fahren mussten, um ihn zu füttern, war die Entscheidung für Zuhause. Den Pflegekräften konnten wir keine Vorwürfe machen. Da war einfach keine Zeit, sich um jeden einzelnen zu kümmern.
Habe mich dann selbst in die Materie Pflege rein gekniet und alle Anträge selbst gestellt. Auch hatten wir Glück, einen tollen Hausarzt zu haben und einen guten Pflegedienst, der täglich kam. In Großstädten sieht das ganze ganz anders aus. Die Stunden dazwischen habe ich dann gemacht. Nachts und Wochenende mein Bruder.
Da ich kurz vorher meinen Job durch Insolvenz verloren hatte, war die Entscheidung, dass ich Zuhause bleibe. Meine Mutter war damals ja auch schon hilfebedürftig.
Somit haben wir meinem Vater noch 2.5 Jahre bis zu seinem Tod in seinem Zuhause schenken können. Obwohl er nicht mehr wusste, dass er Zuhause war.
Das ganze ist jetzt 10 Jahre her und es fühlt sich für mich persönlich wie gestern an. Es sind Eltern und das bleibt für immer. Das geht auch nicht weg.
Nach einem Herzinfarkt vor drei Jahren geht es meiner Mutter nicht gut. Aber es ist keine Demenz. Wo ich damals noch quasi im Erstantrag die Pflegegrade bewilligt hatte, habe ich letztes Jahr 8 Monate gekämpft, um eine nächst höhere zu bekommen. Immer wieder Widerspruch eingelegt. Hier übernehme ich die Pflege im Moment noch ohne Pflegedienst. Hoffe, dass es sich nicht zu sehr verschlechtert. Dann müssen wir auch noch was ändern.
Wünsche Dir, Annette, auf jeden Fall viel Kraft und Stärke und achte bitte auch auf Dich selbst. 🍀

@Annette
Welches Buch hast du gelesen, das dir geholfen hat?